Archäologie

Putin lässt Gebäude im Kreml abreißen

18.01.2016

Archäologen wollen nun die Geheimnisse des Kremlbodens lüften.

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Unter wuchtigen Hammerschlägen fallen Mauern direkt am Amtssitz von Präsident Wladimir Putin. Der Staatschef lässt auf dem historischen Areal ein Gebäude abreißen - aber so einfach ist das nicht: Als Unesco-Welterbe ist Russlands Machtzentrum besonders geschützt. Archäologen überwachen die Arbeit. Sie hoffen auf neue Erkenntnisse über die Entstehung der imposanten Festung am Roten Platz.

Immer wieder spektakuläre Funde
Die seltene Forschung innerhalb der dicken Kreml-Mauern sei eine Sensation, meint der Experte Sergej Swerew. "Jeder Wissenschafter träumt davon, auf diesem Territorium zu arbeiten", sagt der Leiter des Museums für Kulturgeschichte in Moskau. Seit dem Mittelalter werde das Kreml-Gelände bebaut, stets hätten Arbeiten spektakuläre Funde ans Tageslicht gebracht - Münzen, Gewölbe, Dokumente. "Hinzu kommt, dass der Kreml als Schaltzentrale einer Atommacht politisch sensibles Terrain ist. Da kommt man nicht so einfach hinein und kann herumgraben", betont Swerew. Für Moskauer Medien sind die Bauarbeiten eine "Operation am offenen Herzen Russlands".

Seit Jahren Konflikte mit Denkmalschützern
Immer wieder hatte es in den vergangenen Jahren Konflikte zwischen dem Kreml und Denkmalschützern gegeben. Als die Verwaltung am historischen Kutafja-Tor zwei Besucherpavillons mit Drehkreuzen einrichtete, drohten Experten mit einer Klage. Zum massiven Streit kam es 2013, weil Putin einen Hubschrauberlandeplatz anlegen ließ. Tausende Kubikmeter Erde wurden ausgehoben und Bäume umgepflanzt.

Die Vibrationen der Helikopter könnten die Substanz historischer Gebäude beschädigen, kritisierte die Unesco und erwog den Entzug des Welterbe-Titels. Die Bezeichnung ist international begehrt, weil sie oft hilft, Touristen anzulocken. Dass die Unesco gelegentlich hart durchgreift, zeigte sich 2009: Damals strich die Organisation das Dresdener Elbtal aus der Liste, weil sie den Bau einer Brücke als "gravierenden Eingriff in die Kulturlandschaft" bewertete.

Grünes Licht für den Abriss
Diesmal sei alles mit den Behörden abgesprochen, sagt Denkmalschützer Todor Krestew. Der "Korpus Nr. 14" habe keinen architektonischen Wert, das hätten internationale Experten bestätigt. "Wir haben grünes Licht für einen Abriss", versichert Krestew. Josef Stalin hatte das Gebäude um 1934 im neoklassizistischen Stil errichten und dafür zwei der ältesten Klöster Moskaus abtragen lassen. "Eine barbarische Tat", kritisiert Alexander Schumejko von der Kremlverwaltung. Zu sozialistischen Zeiten fanden in dem gelb getünchten Gebäude Sitzungen des höchsten Staatsorgans, des Obersten Sowjets, statt. Danach beherbergte es eine Kreml-Presseabteilung.

Denkmalschützer haben den Abriss mit zahlreichen Auflagen versehen. Um Erschütterungen zu vermeiden, darf bis auf Kräne keine schwere Technik benutzt werden. Die Baustelle ist mit Leinwänden verhängt, zudem spritzen Arbeiter Wasser auf den aufwirbelnden Staub, damit er sich nicht auf benachbarte Gebäude legen kann. Gut 100.000 Tonnen Schutt müssen den Staatsmedien zufolge abtransportiert werden. Touristen, die derzeit umgerechnet 20 Euro für eine Kreml-Tour zahlen, bemerken jedoch kaum etwas von den Erdbewegungen.

"Ich bin optimistisch, dass wir auch diesmal etwas entdecken."
Im Frühjahr soll der Abriss beendet sein. Dann untersuchen zunächst Archäologen die Stelle. "Der Kremlboden steckt voller Geheimnisse. Hier wurden schon Schmuck und Reliquien gefunden. Ich bin optimistisch, dass wir auch diesmal etwas entdecken", sagte der Architekt Alexander Malinow der Zeitung "Rossijskaja Gaseta". Danach soll die Fläche zunächst als Park angelegt werden. Bunter Bodenbelag zeigt dann, wo die abgerissenen Klöster standen. Der Kreml und die orthodoxe Kirche würden zwar gerne die Gebäude originalgetreu wieder herstellen, doch dafür fehlt wegen einer Wirtschaftskrise das Geld.

Unabhängige Experten begrüßen, dass sie an den spektakulären Arbeiten auf dem sensiblen Areal beteiligt werden. Seit Jahren beklagen sie eine Ausgrenzung bei der Entwicklung der Millionenmetropole. Nun hoffen sie, auch künftig in Projekte einbezogen zu werden - etwa beim geplanten Denkmal für den mittelalterlichen Fürsten Wladimir. Die zwölf Meter hohe Statue sollte bereits im November in Sichtweite der Kremlmauer auf dem Borowizki-Platz aufgestellt werden. Proteste von Denkmalschützern und der Unesco sorgen jedoch für eine Verzögerung.

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