Baltikum

Reformbedarf für Euro-Kandidat Lettland

14.03.2013

Die Bevölkerung bekennt sich skeptisch zum EU-Beitritt.

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Bereits im nächsten Jahr könnte es soweit sein: Lettland könnte 18. Mitglied der Eurozone werden. Seit vergangener Woche prüfen EU-Kommission und Europäische Zentralbank (EZB), ob die Wirtschaft des Landes die Kriterien des Maastricht-Vertrags erfüllt. Im Juli soll die Entscheidung fallen. Zwar gehört Lettland immer noch zu den ärmsten Staaten in Europa, die Wachstumsraten stimmen aber. Der Reformbedarf, insbesondere im Bildungsbereich, ist dennoch weiterhin groß.

Risiken für das langfristige Wirtschaftswachstum ergeben sind neben der Überalterung der Bevölkerung vor allem aus der Abwanderung von gut ausgebildeten Fachkräften. Die Arbeitslosigkeit beträgt 14 Prozent und ist schwer zu bekämpfen, weil die Qualifikation der Arbeitnehmer und die Anforderungen der Unternehmen im Land häufig weit auseinanderklaffen - ein Erbe der 50-Jahre währenden Sowjet-Herrschaft. Und auch das Bildungssystem ist unterfinanziert. Kein Land in der EU gibt weniger für seine Hochschulen aus.

Trotz aller Probleme wird der Euro im kommenden Jahr eingeführt, ist sich die Regierung sicher: "Wir rechnen fest mit einer positiven Empfehlung", sagte Ministerpräsident Valdis Dombrovskis zuletzt in einem Reuters-Interview. Die Wirtschaft des 2-Millionen-Einwohner-Landes weist mit 5,1 Prozent im Jahr 2012 die EU-weit höchste Wachstumsrate auf. In den Jahren 2008 und 2009 war die Konjunktur noch um satte 21 Prozent eingebrochen, weil das Land sich dazu entschieden hatte, an der Bindung der heimischen Währung an den Euro festzuhalten.

Heute steht Lettland dafür bei vielen Kriterien besser da als die meisten EU-Länder. Zwar liegt das Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch unter dem Niveau vor der Krise. Die Staatsverschuldung beträgt jedoch weniger als 40 Prozent des BIP. Auch von der Neuverschuldung in Höhe von 1,4 Prozent des BIP können andere Euro-Staaten nur träumen.

Der Beitritt zur Eurozone sei für Lettland ein weiterer, logischer Schritt, betont der Regierungschef. Denn schon jetzt gehen 60 Prozent der Exporte auf den europäischen Markt. Außerdem wird schon heute ein Großteil der Kredite und Bank-Einlagen in Euro abgerechnet. Lettland sei ein erhebliches Stück vorangekommen und bereit für die Eurozone, heißt es aus Kreisen der Bundesregierung.

Zögern könnte die EU mit Blick auf die öffentliche Meinung im Land. Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der Bevölkerung dem Beitritt skeptisch gegenüber steht. Viele befürchten nach dem Eintritt in die Währungsunion einen Anstieg der Preise, wie er im Nachbarland Estland 2011 zu beobachten war. Außerdem gilt der Lats als Symbol der Unabhängigkeit von Russland. Und auch die hohe Quote ausländischer Einlagen in lettischen Banken könnte - ähnlich wie bei Zypern - ein Risiko für die Stabilität des Finanzsektors sein, fürchten Experten in Frankfurt und Brüssel.

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