Wachsende Spannungen
Russland unterstützt Serbien: Jetzt Angst vor Krieg im Kosovo
28.12.2022Im Konflikt mit dem Kosovo hat Russland Serbien seine Unterstützung zugesichert.
Im Konflikt mit dem Kosovo hat Russland Serbien seine Unterstützung zugesichert. "Wir haben sehr enge Beziehungen als Verbündete mit Serbien, historische und spirituelle", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau. "Wir unterstützen Belgrad bei all seinen Maßnahmen, die ergriffen werden." Russland verfolge sehr aufmerksam, was im Kosovo passiere "und wie die Rechte der Serben (dort) gewahrt werden", fügte Peskow hinzu.
Er sei "natürlich, dass Serbien die Rechte der Serben, die nebenan unter so schwierigen Bedingungen leben, verteidigt, und dass es unnachsichtig reagiert, wenn ihre Rechte verletzt werden", sagte er. Serbien sei ein "souveränes Land" und es sei "grundsätzlich falsch, hier nach irgendeinem destruktiven Einfluss Russlands zu suchen".
Die Streitigkeiten zwischen Serbien und dem Kosovo haben sich in den letzten Wochen hochgeschaukelt. Nachdem Serbien wegen der wachsenden Spannungen mit der Regierung in Prishtina die Armee in Alarmbereitschaft versetzt hatte, schloss am Mittwoch der Kosovo den größten Grenzübergang zu dem Nachbarland. Zuvor hatten auf der serbischen Seite Demonstranten die Zufahrt zum Übergang Merdare blockiert.
Das Außenministerium des Kosovo erklärte auf Facebook, wer in Serbien unterwegs sei, müsse andere Grenzübergänge nehmen oder über Nordmazedonien ins Land reisen. Bereits seit dem 10. Dezember sind zwei andere Grenzübergange geschlossen. Offen sind derzeit nur drei Übergänge zwischen dem Kosovo und Serbien.
Für den Kosovo ist die Blockade von Merdare besonders folgenreich, denn Tausende im Ausland arbeitende Kosovaren, die die Feiertage für einen Besuch in der Heimat nutzen wollen, sind gezwungen, Umwege zu nehmen. Zudem ist Merdare der wichtigste Grenzübergang für Lkws.
Vor dem Hintergrund der neuen Spannungen besuchte der serbische Präsident Aleksandar Vucic eine Armeekaserne in der grenznahen Stadt Raska. Auf seiner Instagram-Seite veröffentlichte er in der Nacht auf Mittwoch ein Foto, das ihn mit dem serbischen Generalstabschef Milan Mojsilovic zeigt. Er danke allen Angehörigen der Sicherheitskräfte, die alles tun würden, um die Serben im Kosovo zu schützen, schrieb Vucic dazu.
Vucic hatte die Armee in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Mojsilovic sagte, er sei angesichts der "komplizierten Lage" an die Grenze zum Kosovo entsandt worden. Raska liegt etwa zehn Kilometer davon entfernt.
Die deutsche Regierung zeigte sich am Mittwoch "sehr besorgt" über die neuen Spannungen im Norden des Kosovo. Man erwarte eine konstruktive Herangehensweise von Serbien und habe das auch so kommuniziert, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am Mittwoch in Berlin. "Gerade nationalistische Rhetorik, wie wir sie in den letzten Wochen aus Serbien gehört haben, ist völlig inakzeptabel", betonte er. Auch das Hochfahren militärischer Präsenz nahe der serbischen Grenze zum Kosovo setze ein völlig falsches Signal.
Die im Kosovo stationierte NATO-Friedenstruppe KFOR rief die Konfliktparteien zu Zurückhaltung und Dialogbereitschaft auf. Es sei von größter Bedeutung, dass alle Beteiligten jegliche Rhetorik oder Handlungen vermieden, die Spannungen verursachen und die Situation eskalieren lassen könnten.
Vor knapp drei Wochen hatten militante Serben im mehrheitlich serbisch bewohnten Norden des Kosovo Barrikaden errichtet, die vor allem die Straßen zu den Grenzübergängen nach Serbien blockieren. Damit protestieren sie gegen die Verhaftung eines serbischstämmigen ehemaligen Beamten der Kosovo-Polizei, der nach Darstellung der kosovarischen Behörden Angriffe auf Beamte der Wahlkommission angeführt hatte.
Die Militanten werden von Belgrad unterstützt und zum Teil auch angeleitet. Die Regierung in Berlin forderte am Mittwoch einen schnellstmöglichen Abbau der von Kosovo-Serben errichteten Barrikaden, da die Blockade aus deutscher Sicht die Lage weiter verschärfe. Gleichzeitig müsse der Kosovo die Umsetzung des vereinbarten serbischen Gemeindeverbands akzeptieren, sagte der Außenamtssprecher weiter. In dieser Hinsicht unterstütze das Ministerium die aktuellen Gespräche des EU-Sonderbeauftragten Miroslav Lajcak.
Auf einen solchen Verband von mehrheitlich serbischen Gemeinden hatten sich beide Seiten vor einigen Jahren geeinigt. Doch bisher wurde er nie verwirklicht, da Belgrad und Pristina sich nicht auf die konkrete Umsetzung einigen könnten.
Der heute fast ausschließlich von Albanern bewohnte Kosovo hatte früher zu Serbien gehört und ist seit 2008 unabhängig. Im nördlichen Teil des mehrheitlich albanischen Kosovo leben rund 50.000 Serben. Sie weigern sich seit Jahren, die Regierung in Prishtina oder den Kosovo als Staat anzuerkennen.
Mit der Unabhängigkeit findet sich auch Serbien nicht ab und beansprucht das Territorium des Landes für sich. Belgrad bezeichnet den Kosovo als autonome Provinz. Auch viele UNO-Mitgliedsländer erkennen die Region nicht als eigenständigen Staat an.
1999 hatte die NATO Serbien bombardiert, nachdem serbische Sicherheitskräfte albanische Zivilisten getötet und vertrieben hatten. Bis 2008 hatte die UNO-Mission UNMIK den Kosovo verwaltet.
Die von Vucic besuchte Kaserne liegt unweit einer fünf Kilometer breiten Pufferzone entlang der Kosovo-Grenze, in die serbische Sicherheitskräfte nur mit Erlaubnis der im Kosovo stationierten NATO-geführten Schutztruppe KFOR vordringen dürfen. Dies ist Teil der Vereinbarungen, die nach den NATO-Luftangriffen 1999 getroffen worden waren und die zum vollständigen Abzug der serbischen Sicherheitskräfte und Verwaltung aus dem Kosovo geführt hatten.