Der 39-Jährige pflegte enge Kontakte zu Österreich - wie sein Vater.
Saif al-Islam al-Gaddafi (38) war bis zum Aufstand gegen seinen Vater das sanfte Gesicht des despotischen Gaddafi-Clans. Anders als sein Vater und seine Brüder Hannibal und Al-Saadi fiel er weder durch Skandale noch durch cholerische Ausbrüche auf. Wie sein Vater Muammar pflegte er aber enge Kontakte zu Österreich.
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18.April 2004: Gaddafi empfängt Jörg Haider, Hubert Gorbach und Ursula Plassnik in Tripolis.
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4.Mai 1999: Gaddafi empfängt die damalige österreichische Staatssekretärin Benita Ferrero-Waldner (ÖVP) in seinem Beduinenzelt in Tripolis.
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9. Juli 2009: Begegnung zwischen Gaddafi und US-Präsident Obama auf dem G8-Gipfel im italienischen L'Aquila
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10. Juni 2009: Gaddafi landet, beschützt von seiner weiblichen Leibgarde, auf dem Flughafen Ciampino in Rom.
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29. August 2010: Gaddafi ist wieder in Rom zu Gast. Kurz nach der Landung auf dem Flughafen Ciampino.
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10. Juni 2009: Gaddafi bei einem Staatsbesuch im römischen Quirinalspalast, dem Amtssitz des italienischen Staatspräseidenten.
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30. August 2010: Gaddafi lauscht in Rom einer Rede von Italiens Ministerpräsidenten Berlusconi.
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22.Februar 2011:Gaddafi bei einer Kranzniederlegung in der weißrussischen Hauptstadt Minsk.
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19. Februar 2005: Gaddafi bei einem Treffen mit dem mittlerweile ebenfalls gestürzten ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak in Kairo.
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10. Oktober 2010: Gaddafi mit dem jemenitischen Präsidenten Saleh und Ägyptens damaligem Staatschef Mubarak.
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21.April 1992: Gaddafi mit dem inzwischen ebenfalls gestürzten ägyptischen Machthaber Hosni Mubarak in der Grenzstadt Sidi Barrani.
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12. Jänner 1986: Gaddafi empfängt US-Journalistinnen in seinem Zelt in Tripolis.
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8. März 2011: Gaddafi bei einem Interview mit einem türkischen TV-Sender im Hotel Rixos in Tripolis.
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27. September 2009: Gaddafi beim USA-Südamerika-Gipfel auf Margarita Island.
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27. April 2004: Gaddafi vor einem Engels-Bild im Büro des damaligen EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi.
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25. Juli 2010: Gaddafi bei der Eröffnung des Gipfels der Afrikanischen Union in Munyonyo, Uganda.
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31. Oktober 1996: Gaddafi bei einem Meeting in Tunis.
Viel ist in den vergangenen Jahren darüber spekuliert worden, ob sein Aufruf zu Reformen echt war, oder ob es sich um ein von der Familie Gaddafi inszeniertes Theater handelte, mit dem man das zunehmend unzufriedene Volk bei Laune halten wollte.
Was an den Auftritten des Gaddafi-Sohnes schockierend wirkte, war die Lässigkeit bis hin zum Zynismus, die Saif al-Islam an den Tag legte, wenn er über Folter und Rüstungsgeschäfte sprach - Themen, die von arabischen Politikern sonst meist umschifft wurden. Sein Image als Liberaler und möglicher Reformer in Libyen war damit dahin.
Im Vergleich zu seinem Vater, dem der frühere ägyptische Präsident Anwar al-Sadat den Spitznamen "der Verrückte aus Libyen" verpasst hatte, wirkte der Absolvent einer Londoner Universität bis zum Beginn des Aufstandes geradezu nüchtern und pragmatisch. Anders als der Vater, dem er nicht ähnlich sah, trat er ohne weibliche Leibgarde und farbenprächtige Gewänder auf. Bei seinen letzten Auftritten trug er allerdings einen dichten Vollbart und gab sich als Einpeitscher des Regimes.
Saif al-Islam wollte das libysche System vorher nach eigenen Angaben schrittweise umbauen. Er wollte einige Elemente der politischen Theorie seines Vaters über Bord werfen. Er glaubte, dass Libyen eine Verfassung und eine effektive Verwaltung haben sollte. Einmal erklärte er sogar: "Wir in Libyen träumen von Demokratie." Welchen Spielraum ihm der Vater gelassen hatte, dazu äußerte sich der 39-Jährige bisher aber immer nur sehr vage.
Saif al-Islam al-Gaddafi machte jahrelang von sich reden, indem er sich in verworrene Konflikte einschaltete und sie zu lösen half. Erstmals tauchte seine Gaddafi-Stiftung für Entwicklung im Jahr 2000 in ausländischen Schlagzeilen auf: Damals half er bei der Befreiung der deutschen Familie Wallert, die islamische Fanatiker auf den Philippinen entführt hatten. Die deutsche Regierung bedankte sich ausdrücklich bei der "libyschen Seite", nachdem Gaddafis Stiftung den Entführern eine "Entwicklungshilfe" von 25 Millionen Dollar (18,3 Mio. Euro) angeboten hatte und die Göttinger Familie freigekommen war.
Die Stiftung des Diktatorensohns vermittelte auch, als es um die Entschädigung für die Lockerbie-Opfer ging - libysche Geheimagenten standen hinter dem Anschlag auf ein US-Flugzeug, bei dem 1988 über Schottland 270 Menschen ums Leben kamen. Und sie handelte 2004 ein Abkommen mit den Hinterbliebenen des Flugzeugattentats von Niger aus, bei dem 1989 Dutzende Franzosen starben; auch dafür waren libysche Agenten verantwortlich.
Im Fall der acht Jahre lang in Libyen eingekerkerten bulgarischen Krankenschwestern sorgte die Gaddafi-Stiftung nach eigenen Angaben dafür, dass die Familien der libyschen Kinder entschädigt wurden, denen die bulgarischen Krankenschwestern angeblich absichtlich mit dem HI-Virus verseuchte Blutkonserven gegeben hatten. Für jedes der mehr als 400 Kinder sei eine Million Dollar (731.850 Euro) gezahlt worden. Libyen habe keinen Groschen gezahlt, betonte der Sohn von Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi. Frankreich habe das Geld organisiert, mehr wusste er nicht. "Wir haben keine Fragen gestellt."
Architektur-Studium
Saif al-Islam wurde am 25. Juni 1972 in Tripolis geboren, studierte dort später Architektur, legte 1995 sein Diplom ab und baute einen großen Immobilienkomplex mit Hotels, Wohnungen und einer Moschee. Fünf Jahre später ging er an die International Business School in Wien - wo er nicht nur Deutsch lernte, sondern sich auch mit Jörg Haider anfreundete. Er habe "mit fast allen rechtsextremen Politikern in Europa gute Beziehungen", stellte er einmal fest. Nächste Station war die London School of Economics.
Den Namen von Saif al-Islam - übersetzt "Schwert des Islam" - haben Muammar al-Gaddafi und seine zweite Ehefrau Safiya für ihren Sohn ausgesucht. Durch besonders großen religiösen Eifer ist der "Kronprinz" aus Tripolis aber nicht aufgefallen. Nur in der Kontroverse um die Mohammed-Karikaturen hatte er Position bezogen und die Muslime zu Protesten gegen die Darstellung ihres Propheten aufgerufen. Die Aufständischen, die sich gegen ihn und seine Familie erhoben hatten, waren in seinen Augen radikale Islamisten, die in Libyen einen Gottesstaat errichten wollten.