Transit-Klage

Salvini wirft Österreich "pseudo-ökologischen Extremismus" vor

05.06.2024

Im Streit um die Tiroler Anti-Transitmaßnahmen auf der Brennerstrecke wird Italien bis spätestens Ende Juli die Klage gegen Österreich vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einbringen. 

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© APA/EXPA/JOHANN GRODER
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Dies sagte der sagte der italienische Verkehrsminister und Vizepremier Matteo Salvini (Lega) am Mittwoch auf APA-Anfrage in Rom: "Wir wollen so früh wie möglich diesen Schritt unternehmen, denn hier geht es um das Prinzip des freien Personen- und Warenverkehrs in der EU".

Extremismus 

"Nach Jahren des Schweigens der EU, die jahrelang keinen Finger gerührt hat, startet Italien mit einer Klage laut Artikel 259 EG-Vertrag gegen Österreich, was ein präzedenzloser Fall ist", erklärte Salvini zudem bei einer Pressekonferenz. Und der Verkehrsminister nutzte die Gelegenheit, um einmal mehr schwere verbale Geschütze aufzufahren: "Es darf nicht sein, dass in einer Union aus 27 Ländern ein Mitgliedstaat nicht aus ökologischen, sondern aus rein wirtschaftlichen Gründen den freien Warenverkehr anderer Länder verhindert. Das ist unloyaler Wettbewerb seitens einer ideologischen Minderheit in Österreich, die Chaos und Probleme verursacht". Wenn man wegen der Transitmaßnahmen einen 80 Kilometer langen Stau auf der Brennerautobahn verursacht, wie es zuletzt der Fall war, könne man dies nicht unbestraft tun. "Hier geht es nicht um einen Konflikt zwischen Italien und Österreich, sondern um einen Kampf gegen einen pseudo-ökologischen Extremismus, der im Namen der grünen Ideologie große Schäden verursacht", so Salvini.

Der italienische Verkehrsminister zeigte sich zuversichtlich, dass die Regierung in Rom mit ihrer Klage erfolgreich sein wird: "Ich hoffe, so bald wie möglich nach Wien zu reisen, meinen Kollegen dort die Hand zu schütteln und dabei sicher zu sein, dass der Transit am Brenner wieder frei ist."

Weg für Klage frei

Die EU-Kommission hatte Mitte Mai im Transit-Streit den Weg für die Klage Italiens freigemacht. In einer Stellungnahme gab die Behörde der Kritik Italiens in markanten Bereichen recht, auf ein eigenes Vertragsverletzungsverfahren wurde aber verzichtet. Einige der Tiroler Maßnahmen würden den freien Warenverkehr einschränken.

Die Kommission hatte durchaus einiges an Kritikpunkten aufgrund der österreichischen bzw. Tiroler Maßnahmen parat. Konkret nannte man hier in einer veröffentlichten Aussendung am Ende eines dreimonatigen Verfahrens das Nachtfahrverbot, Sektorales Fahrverbot für "bestimmte schienenaffine Güter", das Winterfahrverbot an Samstagen und die Rationierung der Einfahrt von Schwerlastfahrzeugen auf die Autobahn, also die Lkw-Blockabfertigung bzw. Dosierung.

 Einige Argumente Österreichs erkannte die Brüsseler Behörde zwar an, die Maßnahmen seien aber nicht kohärent und könnten daher nicht "durch die Erreichung der angestrebten Ziele (Umweltschutz, Straßenverkehrssicherheit, Verkehrsfluss oder Versorgungssicherheit) gerechtfertigt werden". Darüber hinaus dürften einige dieser Maßnahmen ausländische Unternehmen eher betreffen als österreichische, hieß es. Was den Einwand Italiens gegen Österreich bezüglich einer angeblich mangelnden loyalen Zusammenarbeit anbelangte, stellte die Kommission hingegen fest, dass Italien keine ausreichenden Beweise zur Untermauerung dieses Vorwurfs vorgelegt hatte.

Verkehrs- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) sowie Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) erklärten daraufhin einerseits in einer Reaktion, "gesprächsbereit" zu bleiben und betonten andererseits die Notwendigkeit und Rechtskonformität der Tiroler "Notmaßnahmen". Eine Abkehr von diesen komme weder für die Bundesregierung noch die Tiroler Landesregierung in Frage. Besonders Mattle ließ aber auch deutliche Kritik an der Stellungnahme der Kommission anklingen.

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