Zurück ins Mittelalter
Santorum als Katholiken-"Taliban"
20.02.2012
Republikaner Rick Santorum steht für zum Teil mittelalterliche Ansichten.
Empfängnisverhütung? Wir diskutieren über Empfängnisverhütung? Im Jahr 2012? Nervend sind ja schon die niemals enden wollenden Abtreibung-Debatten in den USA. Doch Empfängnisverhütung? Rick Santorum und seine auf Selbstzerstörung programmierte Republikaner-Partei eröffneten ein neues Kapitel an politischem Wahnsinn: Katholiken-Fundi Santorum hält wahrlich wenig hinter dem Berg bei der Vermittlung seiner Weltsicht, die im tiefsten Mittelalter verankert scheint.
Er verkündet dabei die pure Doktrin der Katholikenkirche, die Empfängnisverhütung seit jeher ablehnt: Sex diene auch innerhalb der Ehe hauptsächlich zur Zeugung von Kindern, jede Form der Verhütung sei deshalb überflüssig. Wer kein neues Leben zeugen wolle, solle sich eben in Enthaltsamkeit üben. An das glauben zwar nur mehr ein paar Kardinäle im Vatikan, die Herde selbst lebt freilich zu 99 Prozent im 21. Jahrhundert. Santorum selbst hat sieben Kinder, ob er selbst den Beischlaf ausschließlich für schöpferische Zwecke suchte, werden wir glücklicherweise nie erfahren. 2006 verstieg sich der fromme Ex-Senator jedoch sogar zur Behauptung, dass die Verhütung für Frauen "gesundheitsschädlich" wäre.
Und die Debatte kulminierte natürlich, als durch Obamas Gesundheitsreform religiöse Organisationen gezwungen wurden, ihren Angestellten im Kassenplan auch freie Empfängnisverhütung anzubieten. Die Republikaner schienen froh, den "Feuersturm der Entrüstung" seitens der Kirchen für sich nützen zu können: Alles ist bekanntlich recht beim Kreuzzug gegen Obama. Als dann sieben alte Kirchen-MÄNNER bei einem Kongress-Hearing eine Sache verdammten, die Frauen im wahrsten Sinne des Wortes austragen müssen, wurde der Feldzug natürlich zum Eigentor. Das Bild war eindeutig: Männer erzählen Frauen wieder wo´s lang geht mit ihren Körpern.
Und nochmals: Empfängnisverhütung? Sieben Milliarden Erdenbürger - and counting? AIDS? Geschlechtskrankheiten? Teen-Schwangerschaften? Natürlich würde auch Abtreibungen steigen - womit wir wieder bei Santorum sind: Der kritisierte nun Tests von Föten zur Erkennung schwerer Behinderungen wie "Down Syndrom". Das führe zu Abtreibungen, donnerte der Hardliner. Alle sollen wohl seinem Beispiel folgen: Trotz Diagnose gebar Frau Karen Tochter Isabella mit der Genstörung "Edwards Syndrom", die Überlebenschancen liegen bei 10 %. Das sie heute über zwei Jahre alt ist, feiern die Santorums als Wunder. Wikipedia führt hingegen eher trocken Symptome und Leiden auf: Leber-Verformung, Defekt der Trennwand zwischen den Herzkammern, Eingeweide, die außerhalb des Körpers wachsen, geistige Behinderung, Ess- und Atembeschwerden, Muskelschwund. Aber sie sind insgesamt eine etwas eigenartige Familie: Als seine Frau eine Fehlgeburt erlitt, tauften sie den toten Fötus Gabriel, legten ihn eine erste Nacht zu sich ins Spitalsbett und brachten ihn dann nach Hause zu ihren Kindern - zum Anfassen und Abschied nehmen...
Wegen dieser Ansichten galt Santorum natürlich im Republikanerrennen als Randfigur, als Außenseiter. Jetzt ist er freilich plötzlich Frontrunner, hat Rivalen Romney in Umfragen abgehängt - und die GOP steht vor einem Super-GAU. Denn Santorum hat gegen Obama zirka so viele Chancen wie der Unterhosen-Bomber. Es ist schon ein blöde Sache mit dem Frauenwahlrecht: Ihre Stimmen sind wahlentscheidend in jeder US-Wahl - und wie viele der Katholiken-Taliban von ihnen erhalten wird darf geraten werden...