Satiriker Grillo feiert Wahl-Triumphe

Bei den Kommunalwahlen, zu denen über neun Millionen Italiener Sonntag und Montag aufgerufen waren, konnten sich die Mitte-links-Parteien in den größeren am Wahlkampf beteiligten Städten behaupten, während die Mitte-rechts-Partei "Volk der Freiheit" (PdL - Popolo della liberta) um Ex-Premier Silvio Berlusconi dramatische Stimmenverluste hinnehmen musste.

Beeindruckend ist der Erfolg der "Fünf-Sterne-Bewegung" um den Starkomiker Beppe Grillo. Der Kult-Satiriker und Erfolgs-Blogger mischt die italienische Politik auf. Der Erfolg seiner "Fünf Sterne", die die Menschen mit ihrer Kampagne gegen die "Kaste der Parlamentarier", gegen Verschwendung im politischen System und gegen die Richtlinien der Europäischen Zentralbank (EZB) begeistert, hat sogar die höchsten Erwartungen ihres Gründers übertroffen. In Parma schaffte es der Grillo-Kandidat Federico Pizzarotti überraschend auf 19,5 Prozent der Stimmen. In Genua, der Heimatstadt des Komikers, erreichte der "Fünf Sterne"-Kandidat Paolo Putti 13,9 Prozent und schnitt besser als der Gegner der Mitte-Rechts-Partei "Volk der Freiheit" (PdL) um Ex-Premier Silvio Berlusconi, Pierluigi Vinai, ab.

In fast allen am Urnengang beteiligten Kommunen eroberten die Grillo-Kandidaten mehr als zehn Prozent der Stimmen. Sie entzogen somit sowohl Berlusconis Partei als auch den Linksgruppierungen massiv Wählerstimmen. Die Bewegung rückte in vielen Kommunen Norditaliens zur drittstärksten Partei auf. "Es ist ein epochaler Erfolg. Die Bürger haben ohne jegliche Unterstützung eine Bewegung aufgebaut, die die alten Parteien weggefegt hat. So etwas ist in Italien noch nie geschehen. Berlusconis Rechte ist zerfallen, sie existiert nicht mehr", erklärte Grillo, der seine Bewegung 2009 gegründet hat.

Während die Italiener im Würgegriff der Krise zu erheblichen Opfern aufgerufen werden, hat der aus Ligurien stammende Grillo mit seinen populistischen Anti-EU-Kampagnen das Vertrauen der müden Steuerzahler und der politikverdrossenen Wähler gewonnen. Grillos im Internet aufgebaute Bürgerbewegung punktet mit Slogans gegen die Korruption in Italiens Parteiensystem und Formen der direkten Demokratie. Grillo gewinnt vor allem die Stimmen linksorientierter Wähler, die ihr Vertrauen in die Traditionsparteien verloren haben. Aber auch im Wählerreservoir der von einem riesigen Skandal um illegale Parteifinanzierungen belastete rechtspopulistische Oppositionspartei Lega Nord konnte Grillo viele Wählerstimmen gewinnen.

"Die Parteien sind tote Seelen, die bald verschwinden werden. Sie schaden nur sich selbst und haben überhaupt nicht verstanden, wer wir sind. Wir sind eine Wiki-Bewegung, wie Wikipedia, an der jeder schreiben kann", betonte Grillo kürzlich. Die Bewegung hat keinen Parteisitz, die Anhänger kommunizieren über Blogs. Grillo verdankt seinen Erfolg ausschließlich dem Internet, wo seine Botschaften verbreitet werden und riesigen Erfolg ernten. Am liebsten hält er per Twitter Kontakt zu seinen Anhängern.

Grillos Bewegung ist stark auf Ökologie und umweltverträgliches Wirtschaftswachstum ausgerichtet. Auch Medienfreiheit, Transparenz in der Wirtschaft, Kampf gegen Übermacht der Finanz und Gesundheit sind Themen, mit denen sich die Bewegung befassen wird. "Jede Person kann eine Rolle spielen. Unsere Bewegung hat keine Strukturen, Parteiflügel und Mitgliedschaftskarten", versichert der 63-Jährige.

Der Starkomiker mit dem zerzausten Haar und dem weißen Bart, der wegen seiner provokativen Kampagnen gegen die Parteien und gegen umweltschädliche Unternehmen vom Staatsfernsehen RAI verbannt worden war, ist den ohnehin schon geschwächten Parteien im italienischen Parlament ein Dorn im Auge. Grillo beschuldigt die Gruppierungen, sich nicht um für das Land wichtige Themen wie Umweltschutz, Atomenergie und Interessenskonflikte zu kümmern. Das Parteiensystem sei das "Geschwür der Demokratie", sagt Grillo.

Der Komiker gilt als Held der italienischen "Anti-Politik". Wie Michael Moore betreibt er einen erfolgreichen Blog. Die Seite www.beppegrillo.it ist eine der am meisten aufgerufenen Italiens, sie ist teils ins Englische übersetzt. Mit mehr als einer Million Besuchern pro Woche gehört sie zu den meist gelesenen der Welt. Eine virtuelle Welt des Protests ist auf diese Weise entstanden, die immer mehr an Boden gewinnt. Der Genuese Grillo ist nicht mehr nur ein Komiker, er ist zu einem Massenphänomen geworden.