Ukraine-Konflikt

Schallenberg: "Menschen wurden auseinandergerissen"

07.02.2022

Außenminister bei Besuch der Kontaktlinie zu Separatistengebieten erschüttert: „Sieht aus wie eine Grenze, aber auf beiden Seiten ist Ukraine.“  

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© APA/BMEIA/MICHAEL GRUBER
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Mit einer schusssicheren Weste und einem Soldatenhelm am Kopf war Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) an sich gewappnet, doch zeigte er sich am Montag beim Besuch des Checkpoints "Stanysja Luhanska" an der Kontaktlinie zur von pro-russischen Separatisten dominiertem Gebiet in der ostukrainischen Konfliktzone Donbass sichtlich erschüttert: "Es sieht zwar aus wie eine Grenze", meinte er, dabei sei auf "beiden Seite Ukraine".

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Lokalaugenschein 

"Die Menschen sind einfach auseinandergerissen worden", bedauerte der Außenminister bei einem gemeinsamen Lokalaugenschein mit seinen Amtskollegen aus der Slowakei (Ivan Korcok) und Tschechien (Jan Lipavsky). Die "Kontaktlinie" sei "wie eine Schneise, die durch das Land gezogen wird." Nach dem Sturz des damaligen, pro-russischen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch im Jahr 2014 hatte Moskau zuerst die Halbinsel Krim annektiert und dann die russischsprachigen Separatisten im Donbass unterstützt. Teile der an Russland grenzenden Regionen um die Stadt Luhansk und die Metropole Donezk sagten sich von der Zentralregierung in Kiew los.

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 Streng überwachter Grenzübergang 

Tatsächlich ist der Checkpoint "Stanysja Luhanska" wie ein streng überwachter Grenzübergang angelegt: Mit einem drei Meter hohen Gitterzaun, hinter dem manche Hausruine darauf verweist, dass es hier auch Kämpfe zwischen russlandfreundlichen Separatisten und ukrainischen Streitkräften gab. Dazu gibt es Sicherheitsschleusen und mehrere Schalter zur Personenkontrolle.

Aktuell überqueren pro Tag zwischen 8.00 und 16.00 Uhr im Schnitt zwischen 1.000 und 2.000 Menschen die Kontaktlinie zwischen dem ukrainischen Staatsgebiet und der von den Separatisten besetzten Region bei Luhansk. Die Kapazität wäre freilich weit höher, erklärte ein lokaler Kommandant. Früher waren an manchen Tagen bis zu 17.000 Menschen unterwegs.

Für die aktuelle niedrigere Frequenz ist einerseits Corona verantwortlich, andererseits sind die russischen Separatisten sehr restriktiv. Manche Bewohner aus ihrer Region dürfen nur einmal pro Monat die Kontaktlinie überqueren, wird erzählt.

Separatistische Seite 

Auch viele alte Menschen sind darunter. Sie nützen die einmalige Erlaubnis meist, um etwa ihre Pension zu holen, die sie weiterhin über ukrainische Banken beziehen. Daher haben sie auch Bankkarten zum Einkaufen. Sonst müssten sie auch noch Geld wechseln, auf der separatistischen Seite wird in russischen Rubel bezahlt. Auch Hygieneartikel werden gerne auf der ukrainischen Seite gekauft. Zudem wechselt man zur Gesundheitsversorgung hinüber.

Aktuell kommen viele Bewohner der separatistischen Seite auf die "ukrainische Seite", um sich impfen zu lassen, weiß der Gouverneur der Oblast Luhansk, Serhij Hajdaj, der Schallenberg, Korcok und Lipavsky über die militärische und humanitäre Lage in der Region informierte. In ihrem Umfeld gibt es nur Sputnik-Impfstoff, der von vielen Einwohnern aber abgelehnt wird.

Besetzte Gebiete

Warum die Separatisten so restriktiv sind? Für Schallenberg liegt es auf der Hand: "Es ist wohl nicht in ihrem Interesse, dass die Menschen in den besetzten Gebieten sehen, was sich in den vergangenen Jahren für ein Entwicklungsunterschied auftut zwischen der Ukraine und den besetzten Gebieten."

Alle drei Minister hatten humanitäre Hilfspakete im Gepäck dabei. Jenes von Österreich umfasste rund 2,5 Millionen Euro. Eine Million geht an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), die restlichen 1,5 Millionen werden von der Austrian Development Agency (ADA) in der Ukraine engagierten Österreichischen NGOs zur Verfügung gestellt. Weg sind die lokalen Probleme damit nicht. Dessen war sich der Außenminister wohl bewusst. Dazu müsse es eine Gesamtlösung des Ukraine-Konflikts geben, pochte er auf weitere diplomatische Bemühungen.
 

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