Athen

Schicksals-Wahl für Griechenland

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32 Parteien treten zur Wahl an - wer kann das Land aus der Krise führen?

Zumindest in diesen Punkten sind sich die Griechen einig: Der Staat muss reformiert werden und die Parlamentswahl am Sonntag (6. Mai) stellt das Land vor eine historische Entscheidung. "Was auf dem Spiel steht, ist die Zukunft des Landes in den nächsten Jahrzehnten", sagte der scheidende griechische Ministerpräsident Lucas Papademos bei seiner Abschiedsrede vor dem Ministerrat. Der parteilose Bankexperte kandidiert nicht. 

Insgesamt 32 Parteien treten bei den Wahlen am 6. Mai in Griechenland an. Dies teilte am Donnerstag die Zentrale Wahlkommission mit. Etwa zehn von ihnen haben jedoch nach Umfragen eine Chance, die Drei-Prozent-Hürde zu überspringen, um Abgeordnete ins Parlament schicken zu können.

Die meisten Griechen geben den beiden großen Parteien, der Panhellenischen Sozialistischen Bewegung (PASOK), und der konservativen Nea Dimokratia (ND), für die katastrophale Entwicklung in den vergangenen Jahren die Schuld.

Beide Parteien wissen, dass sie keine Chance auf die absolute Mehrheit im Parlament haben. Diese Zeiten sind längst vorbei. Es bleibt nur die Hoffnung, als stärkste Partei aus der Wahl hervorzugehen, um das erste Wort bei der Koalitionsbildung zu haben. Wenn die pro-europäischen Kräfte nicht die Mehrheit erringen, drohe in Griechenland der Bankrott, orakelt Sozialistenchef Evangelos Venizelos.

Linke Opposition
"Das ist Quatsch", kontert der Kandidat des Bündnisses der Radikalen Linken (SYRIZA) Vassilis Moulopoulos. Es gebe einen anderen Weg, bei dem diejenigen den Preis der Finanzkrise zahlen sollen, die nach Sicht seiner Partei dafür verantwortlich sind. "Nämlich diejenigen, die Steuern hinterziehen und diejenigen, die ihr Geld ins Ausland bringen."

Der Chef des Bündnisses der Radikalen Linken, Alexis Tsipras, wird im Ton noch schärfer. Der 37-Jährige charakterisiert die beiden Chefs der Traditionsparteien, Samaras und Venizelos, als "politische Gauner". Sie seien verantwortlich für die schwere Finanzkrise.

Tsipras Vorschlag ist, das Land solle weiter im Euroverbund bleiben, es müsse aber keine Schulden zurückzahlen. "Sowas führt innerhalb kürzester Zeit zum Bankrott", kontert PASOK-Chef Venizelos. Die gemäßigte Demokratische Linke (DA) schlägt Ähnliches vor. Ihre Wortwahl ist aber höflicher, meinen Analysten. Die Kommunisten sagen es unmissverständlich: "Raus aus dem Euro und der EU jetzt", fordert ihre Generalsekretärin Aleka Papariga.

Rechte Opposition
Auch im rechten politischen Spektrum gibt es Parteien, die um die Stimmen der enttäuschten konservativen Wähler ringen. "Deutschland soll Reparationen für den Zweiten Weltkrieg zahlen", lautet immer wieder die Forderung des Chefs der vor einigen Monaten von den Konservativen abgespaltenen Partei der "Unbhängigen Griechen". Das Land sei von den Geldgebern "besetzt" und müsse "befreit" werden.

Am rechten Rand macht sich erstmals eine rassistische, ausländerfeindliche und faschistoide Gruppierung namens "Goldene Morgenröte" bemerkbar. Ihre Mitglieder sprechen nie im Fernsehen, sie zeigen den Hitlergruß und behaupten, das kapitalistische System breche zusammen. Ein neues "rassisch reines Griechenland" sei im Vormarsch. Alle Ausländer aus Afrika und Asien sollen sofort das Land verlassen. Die Faschisten könnten Umfragen zufolge die Drei-Prozent-Hürde des griechischen Wahlgesetztes überspringen und erstmals ins Parlament einziehen.

Land in schwerer Krise
Die harten Sparmaßnahmen von EU, EZB und IWF führten das Land in eine veritable Krise. Löhne und Renten wurden drastisch gekürzt. Der Mindestlohn wurde von monatlich 751 brutto auf 586 Euro brutto zusammengestrichen. Nach Angaben der Gewerkschaften haben die griechischen Arbeitnehmer seit Ausbruch der Krise 2009 fast 25 Prozent ihres Einkommens verloren.

Die Mehrwertsteuern wurden von 19 auf 23 Prozent erhöht, die Steuern für Tabak, Spirituosen und Treibstoffe drei Mal heraufgesetzt. Benzin kostet heute 1,9 Euro pro Liter. Vor zwei Jahren waren es gerade 1,1 Euro gewesen.

In der Folge der Kürzungen und Preiserhöhungen brach der Konsum ein. Die Arbeitslosigkeit stieg von 11,3 Prozent(2009) auf knapp 22 Prozent Anfang 2012.

Das griechische Parlament billigte im Februar mit der Mehrheit von Konservativen und Sozialisten ein weiteres Sparpaket. Weitere 11 Milliarden Euro sollen über die Schließung staatlicher Unternehmen, und Krankenhäuser, die Streichung von Stellen beim Staat und ein Einstellungsstopp im öffentlichen Dienst sowie mit Privatisierungen eingespart werden. 150 000 Staatsbedienstete sollen in den nächsten zwei Jahren entlassen werden.

Angst vor der Zukunft des Landes und Wut über die Machenschaften der Politiker sind die vorherrschenden Gefühle. "Einerseits will ich die Zukunft meine Kinder und Enkel sichern. Andererseits will ich diese Politiker abstrafen, die unser Land einen Schritt vor den Abgrund geführt haben", sagt die Apothekerin Ioanna Kimpezi aus dem Athener Stadteil Goudi.

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