Derweil wurde ein hoher sunnitischer Geistlicher erschossen.
Im Irak schließen sich die "Allianz für den Rechtsstaat" des amtierenden Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki und die religiösen Schiiten-Parteien zu einer Einheitsfraktion zusammen, der nur vier Mandate zur absoluten Mehrheit im neuen Parlament fehlen. Das Nachsehen hat dabei Ex-Premier Iyad Allawi, dessen überkonfessioneller Al-Irakiya-Block bei den allgemeinen Wahlen vom 7. März mit knappem Vorsprung stärkste Kraft geworden war. Der Iran übte auf die beiden verfeindeten schiitischen Lager Druck aus, eine Koalition einzugehen, während Allawi von Saudi-Arabien unterstützt wird.
Dass Maliki seinen Posten behält, gilt dennoch als unwahrscheinlich, nachdem die Irakische Nationalallianz (INA) das Amt des Ministerpräsidenten für den ultrakonservativen Ex-Premier Ibrahim al-Jaafari beansprucht, der auch von Teheran bevorzugt wird. Die wichtigsten Komponenten der INA sind der pro-iranische "Oberste Islamische Rat" (SIIC) von Ammar al-Hakim und die Anhängerschaft des radikal anti-westlichen Predigers Muktada al-Sadr.
Gegner: Wähler in die Irre geführt
Zusammen kommen
Malikis Bündnis und die INA auf 159 Mandate; für eine regierungsfähige
Mehrheit sind 163 erforderlich. Die kurdische Allianz von Massud Barzani und
Jalal Talabani mit ihren 43 Abgeordneten dürfte der Schiiten-Fraktion zur
absoluten Mehrheit verhelfen; Talabani möchte nämlich dem Vernehmen nach im
Amt des Staatspräsidenten bestätigt werden. Das Endergebnis der Wahl steht
noch immer nicht fest. Am Montag begann unter den Augen internationaler
Beobachter die Neuauszählung der Stimmen für den Hauptstadt-Wahlkreis
Bagdad, die Maliki gerichtlich durchgesetzt hatte.
Bereits während des Wahlkampfes war spekuliert worden, dass Malikis Bündnis und die Religiösen letztlich fusionieren würden. Ihre Widersacher hatten ihnen vorgeworfen, sie wollten die Wähler mit ihrer "gespielten Rivalität" in die Irre führen. Nach der Wahl hatte der SIIC zunächst einen Regierungswechsel unter der Führung von Allawi befürwortet, während die Sadr-Anhänger in einer "Urabstimmung" für Jaafari als Premier optiert hatten. Maliki hatte Vertrauensmänner nach Teheran geschickt, um sich die Unterstützung der Religiösen zu sichern.
Der dreiköpfige irakische Präsidialrat hatte am Dienstagabend davor gewarnt, die Regierungsbildung weiter hinauszuzögern. Der Wille der Wähler müsse respektiert werden, forderten Staatspräsident Talabani und seine beiden Stellvertreter, Adel Abdel Mahdi und Tarek al-Hashemi. Nur so könnten die Unabhängigkeit, Einheit und Sicherheit des Irak gewährleistet und neue Gewaltausbrüche vermieden werden. Talabani ist als Verfechter einer Allparteienregierung hervorgetreten.
Hoher Geistlicher erschossen
Extremisten haben in Bagdad am
Mittwoch den stellvertretenden Vorsitzenden des Rates der Religionsgelehrten
ermordet. Zusammen mit dem sunnitischen Geistlichen Scheich Abduljalil
al-Fahdawi starben zwei seiner Begleiter und ein Mitglied seiner Familie.
Die Agentur Al-Yaqen meldete, die Angreifer hätten am Morgen aus einem fahrenden Auto heraus das Feuer auf den Prediger eröffnet, als dieser sein Haus neben der Al-Ihwa-al-Salehien-Moschee im Stadtteil Ameriya verließ. Der nach der US-Invasion von 2003 gegründete Rat der Religionsgelehrten bemüht sich um ein friedliches Zusammenleben zwischen sunnitischen und schiitischen Muslimen.
Attacken auf Christen: Papst "tief betroffen"
Papst
Benedikt XVI. zeigte sich unterdessen bestürzt über den neuerlichen
Anschlag auf Christen im Irak. Er sei "tief betroffen" über die Todesopfer
und vielen Verletzten nach dem Bombenanschlag auf einen Bus mit christlichen
Studenten in der Nähe von Mossul am Sonntag, heißt es in einem am Mittwoch
veröffentlichten Schreiben des Papstes.
Bei dem Attentat waren vier Menschen ums Leben gekommen, weitere 171 wurden verletzt, 17 von ihnen schwer. Seit der US-Invasion 2003 wurden zahlreiche christliche Geistliche im Irak ermordet, wie der entführte chaldäisch-katholische Erzbischof von Mossul, Paulos Faraj Rahho, dessen Leiche auf einer Müllhalde gefunden wurde. Die Lage der christlichen Bevölkerungsteile hatte sich nach der US-Invasion dramatisch verschlechtert.