Herzzerreißender Hilferuf aus der Corona-Quarantäne: ''Meine Schwester ist hier mit mir in diesem Bett. Tot. Ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll.''
Neapel. Der Italiener Luca Franzese startete per Facebook-Video einen emotionalen Hilferuf aus der Coronavirus-Quarantäne in der Nähe von Neapel: "Gestern Abend ist meine Schwester gestorben. Der Grund dafür ist höchstwahrscheinlich das Coronavirus. Ich warte seit gestern Abend auf eine Rückmeldung der Behörden. Es hat sich niemand gemeldet ... Meine Schwester ist hier mit mir in diesem Bett. Tot. Ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll."
Seine Schwester Teresa (†47) soll nach einem epileptischen Anfall bewusstlos geworden sein. Luca versuchte seine Schwester noch, per Mund-zu-Mund-Beatmung wiederzubeleben – leider vergebens. Ob sie an den Folgen einer Coronavirus-Infektion starb, weiß Luca zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht. Nachdem er nichts mehr für sie tun konnte, verständigte der Italiener den behandelnden Arzt seiner Schwester, auch weil er sich nun sicher war, spätestens nach der Mund-zu-Mund-Beatmung selbst mit dem Coronavirus infiziert zu sein: "Ich rief den Arzt an. Aber es war ihm egal. Sie war eine Risikopatientin, aber er kam nicht mal zum Haus, um nach Teresa zu sehen", erzählte Luca Franzese in dem Facebook-Video. Daraufhin brach er in Tränen aus: "Wir sind am Ende. Italien hat uns verlassen." Er gibt auch seine genaue Adresse in der Nähe von Neapel an – ein verzweifelter Ruf nach Hilfe. Die Leiche von Teresa lag zum Zeitpunkt, an dem das Video aufgezeichnet wurde, bereits 24 Stunden im Haus. Völlig verzweifelt schildert Luca, dass er seit einem Tag auf eine Rückmeldung der italienischen Behörden warten würde ...
Das Facebook-Video wurde bereits weit über 100.000 Mal geteilt und über 12.000 Mal kommentiert. Wie es nun weitergeht, ist unklar. Auch wann Luca Franzese seine Schwester zu Grabe tragen kann, ist ungewiss: "Ich kann ihr nicht den nötigen Respekt zollen, den sie eigentlich verdient hat", sagt der Italiener in schluchzendem Tonfall.
Chaotische Zustände in Italien – 366 Tote
Italien hat sich im Kampf gegen die Verbreitung eine "Schocktherapie" mit weitreichenden Sperren verordnet. Das Verkehrsaufkommen von Österreich in Richtung Italien ist in den vergangenen Tagen bereits deutlich zurückgegangen, meldete die Asfinag.
Im Raum Norditalien sind derzeit rund 4.000 Österreicher von den Maßnahmen betroffen, die von den italienischen Behörden gesetzt worden sind, um die weitere Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Das sagte der Sprecher des Außenministeriums, Peter Guschelbauer, auf APA-Anfrage. Urlauber, die in ihre Heimat zurückkehren wollen, sollten damit vorerst keine Probleme haben. Im Moment habe man keine Informationen, "dass es Schwierigkeiten beim Rauskommen gibt".
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Norditalienern, die die Sperrzone in der Lombardei und in anderen 15 norditalienischen Provinzen ungerechtfertigt verlassen, drohen dagegen strafrechtliche Folgen. Wie Italiens Regierungschef Giuseppe Conte betonte, sind Ausnahmen nur bei nachgewiesenen dringenden beruflichen oder familiären Verpflichtungen und in gesundheitlichen Notfällen vorgesehen.
Conte kündigte an, die Absperrung weiter Regionen im Norden des Landes werde nicht die letzte Maßnahme gegen das Virus sein. "Wir werden eine massive Schocktherapie anwenden. Um aus dieser Krise herauszukommen, werden wir alle menschlichen und wirtschaftlichen Mittel aufbringen", sagte er der Zeitung "La Repubblica". Italien hat 7.375 bestätigte Infektionen und 366 Todesfälle durch das Coronavirus gemeldet. Es ist die zweithöchste Zahl von Todesfällen nach China, wo die Epidemie im Dezember ausgebrochen war.
Gefängnisrevolten & "Zustände wie im Krieg"
Ärzte in der Sperrzone beklagten unterdessen chaotische Zustände in den mit Coronavirus-Patienten überfüllten Krankenhäusern. "Wie in Kriegssituationen entscheidet man je nach Alter und Gesundheitslage über die Therapie", sagte der Anästhesist Christian Salaroli im Gespräch mit der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera". Viele Kollegen würden unter dieser Situation leiden.
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In italienischen Strafanstalten ist eine Revolte aus Protest gegen Restriktionen aufgrund der Coronavirus-Epidemie ausgebrochen. Bereits in 27 Gefängnissen des Landes kam es zu gewaltsamen Unruhen. In Modena starben dabei sechs Insassen. Weitere vier Sträflinge in Modena kamen in kritischem Zustand ins Krankenhaus. Drei Gefängniswächter und sieben Sanitäter wurden leicht verletzt. 50 Insassen flüchteten von der süditalienischen Strafanstalt von Foggia.
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