Knalleffekt im Kreml

Schoigu entlassen: Das steckt hinter dem Putin-Hammer

13.05.2024

Mitten im Krieg gegen die Ukraine wechselt der russische Präsident Wladimir Putin seinen Verteidigungsminister aus. 

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Amtsinhaber Sergej Schoigu werde Sekretär des nationalen Sicherheitsrats und an der Ministeriumsspitze durch den Zivilisten Andrej Beloussow ersetzt, teilte die Präsidialverwaltung am Sonntag mit. Der Wirtschaftsexperte Beloussow war bisher erster stellvertretender Ministerpräsident. An Außenminister Sergej Lawrow will Putin festhalten.

Auch Generalstabschef Waleri Gerassimow solle im Amt bleiben. Schoigu gilt als einer der engsten Vertrauten Putins und war einer der dienstältesten Minister. Die Zukunft des einflussreichen bisherigen Sicherheitsratssekretärs Nikolai Patruschew blieb zunächst offen. Die künftigen Aufgaben des 72-Jährigen würden in den kommenden Tagen bekannt gegeben, erklärte Putins Sprecher Dmitri Peskow. Vorsitzender des Sicherheitsrats ist Putin.

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"Der beste Kandidat"

"Heute gewinnt auf dem Schlachtfeld derjenige, der offener für Innovationen und deren Umsetzung ist", erklärte Kremlsprecher Peskow Putins Entscheidung für einen Zivilisten an der Spitze des Verteidigungsministeriums. Beloussow sei nicht nur Zivilbeamter, sondern habe auch viele Jahre erfolgreich in der Politik gearbeitet und Putin in Wirtschaftsfragen beraten. Er sei "zweifellos der beste Kandidat", den Komplex der russischen Rüstungsindustrie auszubauen und neue Technologien einzuführen, wurde der Duma-Abgeordnete Sergej Gawrilow von Tass zitiert.

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Schoigu und Gerassimow waren in Russland wiederholt wegen militärischer Fehlschläge in der Ukraine kritisiert worden. Russland hatte 2014 die ukrainische Halbinsel Krim in einem international nicht anerkannten Schritt annektiert und zudem Separatisten in der Ostukraine unterstützt. Im Februar 2022 begann die russische Armee einen Großangriff auf das Nachbarland, der von der russischen Regierung als "militärische Spezialoperation" bezeichnet wird. Der Ukraine gelang es, große Teile der zunächst besetzten Gebiete zurückzuerobern. Seit einiger Zeit ist die Ukraine jedoch in der Defensive.

Was steckt hinter dem Putin-Hammer?

Die Entlassung kommt für viele Russland-Experten nicht überraschend und hat sich spätestes seit der Verhaftung von Schoigus Stellvertreter Timur Iwanow (wegen Korruption) vor einigen Wochen angekündigt.

 

  

 

Militärexperte Nico Lange schreibt auf Twitter/X: „Wenn Putin jetzt Andrej Beloussow, der im System Putin seit Langem für Rosneft und Wirtschaftsfragen eine Rolle spielt, zum Verteidigungsminister macht, dann wird er ein ‚Minister für Kriegswirtschaft‘.“

 

  

 

Auch Experte Alexander Baunow deutet Putins Schritt so, dass der Kreml-Chef den Krieg vor allem mit der Produktion in den Rüstungsbetrieben gewinnen wolle: „In seiner Denkweise ist das logisch, weil sich der wirtschaftliche Block in dem Krieg als effektiver erwiesen hat als der Sicherheits- und Militärapparat.“

Für Litauens Präsident Gitanas Nauseda ist die Entlassung ein Zeichen für die russische Öffentlichkeit. „Dies geschieht für den heimischen Markt. Dies geschieht, um diesen Krieg fortsetzen zu können. Machen wir uns keine Illusionen darüber, dass Putin zu friedlichen Verhandlungen bereit ist“, so der Staatschef in der Nacht zu Montag.
  

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