Proteste auf Lesbos

Schulz: "Lage ist dramatisch"

05.11.2015

Stimmung auf Insel seit Tagen äußerst gespannt - Streik der Seeleute.

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EU-Parlamentspräsident Martin Schulz ist auf der griechischen Insel Lesbos ganz unmittelbar mit dem täglichen Flüchtlingsdrama im Mittelmeer konfrontiert worden: Wenige Minuten, nachdem Schulz und der griechische Regierungschef Alexis Tsipras am Donnerstag auf der Insel gelandet waren, erreichten vor ihren Augen mehrere aus der Türkei kommende Flüchtlingsboote den Strand von Lesbos südlich der Hauptortschaft Mytilini.

"Nach unserer Ankunft haben wir Boote gesehen und Menschen, die ins Wasser sprangen und an Land schwammen", sagte Schulz sichtbar gerührt im griechischen Fernsehen. Die Lage sei "dramatisch".

Wenige Stunden zuvor war ein Flüchtlingskind vor der Insel Kos ums Leben gekommen. Ein anderes Kind wurde noch vermisst, wie die Küstenwache mitteilte. 14 weitere Menschen konnten nach dem Kentern ihres Bootes gerettet werden.

Registrierzentren bei "Hotspots"

Tsipras versprach, Griechenland werde die als "Hotspots" bezeichneten Registrierzentren einrichten. Eine endgültige Lösung sei dies aber nicht. Um zu verhindern, dass Schlepper am Schicksal der Flüchtlinge verdienen, schlug Tsipras weitere Hotspots in der Türkei vor: Von dort aus könnten die Flüchtlinge direkt und sicher in Europa verteilt werden, ohne die gefährliche Überfahrt zu den griechischen Inseln unternehmen zu müssen.

Schulz und Tsipras besuchten das Registrierzentrum der Insel in der Nähe des Dorfes Móoia. Dort hatten sich Dutzende Demonstranten versammelt, die die Öffnung der Landgrenze zwischen Griechenland und der Türkei am Fluss Evros (türkisch: Meric) forderten, damit Flüchtlinge nicht auf den Meeresweg ausweichen. Dies lehnte Tsipras ab. Einige Stellen des Flusses Evros seien noch vermint, sagte er.

Stimmung angespannt

Die Stimmung auf Lesbos ist seit Tagen äußerst gespannt. Einwohner, freiwillige Helfer und die Beamten der Küstenwache sind am Ende ihrer Kräfte. Täglich werden Menschen tot an Land gespült, die Leichenhallen sind überfüllt. Aus Protest gegen das Flüchtlingsdrama in der Ägäis mit Hunderten Toten Menschen hatten Demonstranten am Mittwoch das Rathaus von Mytilini besetzt.

Seeleute streiken

Die Lage wurde durch einen seit Montag andauernden Streik der Seeleute erschwert, der sich gegen Pensionskürzungen richtet: Weil keine Fähren fahren, warten Schätzungen zufolge allein im Hafen von Lesbos rund 15.000 Flüchtlinge auf eine Weiterfahrt zum Festland. Es kommt nach Augenzeugenberichten immer wieder zu Protesten. "Die Lage ist explosiv", sagte Tsipras.

Wegen der dramatischen Situation willigten die Seeleute laut einem Bericht des Staatsradios am Donnerstag ein, ihren Streik zu beenden. Die Fähren sollen demnach ab Freitagmorgen wieder fahren.

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