Die Modelle für die Berechnung der Folgen eines Seebebens sollen nun überprüft werden.
Auf den Tsunami-Alarm nach dem Erdbeben in Chile folgte rasch Entwarnung - Wissenschaftern aber bereitet aber genau das Kopfzerbrechen. Die Modelle für die Berechnung der Folgen eines Seebebens sollen nun überprüft werden, wie Mitarbeiter des Tsunami-Warnzentrums für den Pazifik in Hawaii der Nachrichtenagentur AP sagten.
Hätte fatale Folgen haben müssen
Zwar rissen von dem
Beben ausgelöste Riesenwellen in Chile selbst zahlreiche Menschen in den
Tod, in anderen Pazifik-Anrainerstaaten verursachte der Tsunami aber keine
größeren Schäden. Für den Geophysiker Gerard Fryer vom Tsunami-Warnzentrum
ist das ein echtes Rätsel: Bei einem Seebeben der Stärke 8,8 vor Chile hätte
er fatale Folgen auch für Hawaii erwartet, sagte Fryer der AP. "Ich
hätte gesagt: Das wird übel. Aber es war nicht so. Und wir müssen jetzt
herausfinden, warum es nicht so war."
Eine mögliche Ursache für die Fehlprognose sei, dass das Zentrum des Bebens näher an der Wasseroberfläche lag als angenommen, erklärte Fryer. Hätte sich der Erdstoß in größerer Tiefe ereignet, so wäre mehr Wasser verdrängt und damit auch ein größerer Tsunami ausgelöst worden. Überdies gingen die bisher verwendeten Modelle davon aus, dass die Geschwindigkeiten der einzelnen Wellen sowie die Intervalle dazwischen bei jedem Tsunami in etwa gleich seien. Tatsächlich gebe es aber erhebliche Unterschiede, die für die Zerstörungskraft der Wellen durchaus bedeutsam seien.
Modell in Erprobungsphase
Die präziseste Vorhersage für den
Verlauf des Tsunami am vergangenen Wochenende lieferte offenbar ein Modell,
das derzeit noch in der Erprobungsphase ist: "Unsere Prognose war
ziemlich zutreffend", sagte der Direktor des Tsunami-Forschungszentrums
in Seattle, Vasily Titov, der AP. Weil das in Seattle verwendete Modell aber
noch in der Testphase ist, wurde ausgerechnet diese Prognose nicht
veröffentlicht, sondern lediglich an die übrigen Tsunami-Warnzentren
weiterverbreitet.
Dass überhaupt ein Tsunami-Alarm herausgegeben wurde, sei aber die richtige Entscheidung gewesen, betont der Geophysiker Fryer. Immerhin wurden in Hawaii und Neuseeland rund 16 Stunden nach dem Erdbeben in Chile bis zu zwei Meter hohe Flutwellen registriert.