Ein knappes Votum ermöglicht nun Ersatz für stillgelegter Kernreaktoren.
Das schwedische Parlament hat das endgültige Aus für den Atomausstieg besiegelt. Mit knapper Mehrheit votierten die Abgeordneten am Donnerstagabend für Pläne der Mitte-Rechts-Koalition, alte Reaktoren künftig nach ihrer Stilllegung durch Neubauten ersetzen zu können. Für den Vorschlag der Regierung stimmten 174 Abgeordnete, 172 votierten dagegen, drei Abgeordnete fehlten bei der Abstimmung.
1980 Ausstieg beschlossen
Die Schweden hatten 1980 in einem
historischen Referendum den Ausstieg aus der Atomkraft bis 2010 beschlossen.
Umgesetzt wurde der nicht-bindende Volksentscheid aber von keiner Regierung:
Bis heute sind nur zwei der zwölf Reaktoren stillgelegt. Die bestehenden
drei Atomkraftwerke mit insgesamt zehn Reaktoren liefern immer noch rund die
Hälfte der schwedischen Stromproduktion.
Nach den neuen Bestimmungen dürfen Reaktoren auf dem Gelände der drei bestehenden Akw nun nach ihrer Stilllegung ersetzt werden. Es dürfen keine zusätzlichen Reaktoren gebaut werden, staatliche Subventionen für den Bau sind untersagt. Im Falle eines Unfalls muss der Kraftwerkseigner zudem in voller Höhe für den Schaden aufkommen. Die neuen Bestimmungen sollen per 1. Jänner in Kraft treten.
Vorher hitzige Debatte
Für den Ausstieg aus dem Atomausstieg
stimmten alle vier Parteien der Regierungskoalition von Ministerpräsident
Fredrik Reinfeldt, darunter auch die traditionell eher atomkritische
Zentrumspartei. Zwei Zentrumsabgeordnete wollten allerdings mit Nein
stimmen. Der Abstimmung war eine hitzige Debatte vorausgegangen. Die
oppositionelle Grünen-Abgeordnete Maria Wetterstrand sagte, die Zulassung
von Reaktor-Neubauten bedeute, dass Schweden sich "für weitere hundert Jahre
von der Atomkraft abhängig macht", mit deren Konsequenzen "künftige
Generationen hunderttausend Jahre" leben müssten.
Umweltminister Andreas Carlgren von der Zentrumspartei verteidigte die Entscheidung. Es sei ein "Mythos", dass die Atomkraft erneuerbare Energien vertreiben werde, sagte Carlgren. Bei der Parlamentswahl am 19. September hätten die Wähler zudem das letzte Wort, sagte der Minister. Die Opposition hatte angekündigt, die Bestimmungen im Fall ihres Wahlsiegs wieder zu kippen.
Greenpeace-Protest
Reinfeldts Regierung hatte 2009 im Zuge eines
ehrgeizigen Klimaprogramms das Ende des Atomausstiegs angekündigt. Bis 2020
soll die Hälfte des schwedischen Stroms aus erneuerbaren Energien stammen,
zehn Jahre später sollen schwedische Autos nicht mehr mit fossilen
Brennstoffen fahren, 2050 dann will das Land CO2-neutral sein.
Aus Protest gegen das Votum waren Dutzende Greenpeace-Aktivisten am Montag auf das Gelände des Kernkraftwerks Forsmark eingedrungen. Die Polizei nahm die Eindringlinge fest, darunter auch 13 Deutsche. Sie kamen laut Greenpeace am Donnerstag wieder auf freien Fuß. Das Gericht in Uppsala will sich am 1. Juli damit befassen.