In der Erklärung wurde jedoch der Begriff "Völkermord" vermieden.
Das Parlament Serbiens hat am Dienstag nach einer ganztägigen, zeitweise äußerst heftigen Debatte eine seit Monaten erwartete Erklärung angenommen, mit der das von bosnisch-serbischen Truppen im Juli 1995 in Srebrenica angerichtete Massaker an rund 8.000 Bosniaken (Muslimen) "auf das Schärfste" verurteilt wird. Der strittige Begriff "Völkermord" wurde in der Erklärung, die von 127 von 250 Abgeordneten unterstützt wurde, nicht verwendet.
21 Gegenstimmen
Gegen die Erklärung stimmten 21 Abgeordnete,
einer enthielten sich der Stimme. Abgeordnete der Opposition, der Serbischen
Radikalen Partei und der Serbischen Fortschrittlichen Partei, boykottierten
die Abstimmung.
Mit der Srebrenica-Erklärung werde ein tragischer Abschnitt in der jüngsten Vergangenheit abgeschlossen und eine neue Perspektive für die kommenden Generationen eröffnet, sagte Nada Kolundzija, die Klubchefin der regierenden Demokratischen Partei (DS). "Mit unserer Achtung für die unschuldigen Opfer und mit dem Mitgefühl mit ihren Familien nehmen wir den künftigen Generationen die Last ab, welche uns Einzelpersonen hinterlassen haben", unterstrich Kojundzija.
"Serbien steht nicht hinter jenen, die das Verbrechen begangen haben." Auch würde Serbien mit seiner Erklärung das moralische Recht erlangen, zu verlangen, dass die Verantwortung für alle Kriegsverbrechen, auch jene an Serben, zur Rechenschaft gezogen werden. Für Nenad Canak, den Chef der mitregierenden Liga der Vojvodina-Sozialdemokraten, ist Srebrenica eine "serbische Schande", der frühere Militärchef der bosnischen Serben Ratko Mladic ein "Massenmörder".
Besonders heftig wurde die Erklärung seitens der ultranationalistischen Serbischen Radikalen Partei (SRS) des Haager Angeklagten Vojislav Seselj und der nationalkonservativen Demokratischen Partei Serbiens (DSS) des früheren Premiers Vojislav Kostunica kritisiert. Nach Ansicht ihrer Abgeordneten würden die Serben durch die Erklärung zum "völkermörderischen Volk" erklärt.
"Tragischster Tag"
Seitens einiger
Oppositionsabgeordneter wurde die Erklärung gar als "schändlich"
bezeichnet. Man sprach auch vom "tragischesten Tag" in der
serbischen Geschichte seit dem NATO-Bombardement im Jahre 1999, vom "Helden
Ratko Mladic", dem flüchtigen ehemaligen Militärchef der bosnischen
Serben, unter dessen direkter Kontrolle das Massaker angerichtet wurde.
Heftige Debatte wurden auch um die Zahl der Srebrenica-Opfer geführt. Zu
hören war zudem die Ansicht, dass die Erklärung eine tiefe Spaltung zwischen
Serbien und der bosnischen Republika Srpska verursachen werde.
Die Erklärung zu Srebrenica wurde von 114 Abgeordneten der Regierungskoalition vorgeschlagen. Das Parlament soll wie von Parlamentspräsidentin Slavica Djukic-Dejanovic angekündigt demnächst mit einer anderen Erklärung auch aller serbischen Kriegsopfer gedenken.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker in Bosnien-Herzegowina hat die Parlamentserklärung unterdessen als einen "neuen Schlag" für jene Personen, die das Massaker überlebt haben, bezeichnet. Für Fadila Mamisevic, die Präsidentin der Gesellschaft, sei es "heuchlerisch" , ein Verbrechen "entsprechend dem Urteil des Internationalen Gerichtshofes" zu verurteilen, ohne dabei zu sagen, was in dem IGH-Urteil stehe.
EU: "Wichtiger Schritt"
Die Europäische Union hat die
vom serbischen Parlament angenommene Erklärung begrüßt. Ein Sprecher von
EU-Außenministerin Catherine Ashton sagte am Mittwoch, die Erklärung sei ein "wichtiger
Schritt vorwärts". Sie sei sowohl für Serbien als auch für die
gesamte Region von Bedeutung.