Türkei ist gespalten

Sieg für Erdogan: Jetzt kommt Todesstrafe

17.04.2017

Erdogan krempelt die Türkei nach seinen Wünschen um: Jetzt wird er Staats- und Regierungschef.

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Schock-Wahl: Die Türken haben sich mit 51,4 % für ein Präsidialsystem ausgesprochen. Präsident Recep Tayyip Erdogan erhält eine massive Erweiterung seiner Macht. Er kann alleine Minister ernennen und Dekrete erlassen.

Die Großstädte stimmten 
gegen Erdogan-Referendum

Die Türkei ist gespalten. Vor allem in den Großstädten ­Istanbul und Ankara gab es eine Mehrheit von Nein-Stimmen (Grafik). Erdogan gewann im ländlichen Raum. Jetzt gibt es eine Polarisierung im Volk. Erdogan will deswegen heute den Ausnahmezustand vom Parlament verlängern lassen.

Die türkische Opposition fordert eine Annullierung der Wahl. „Das ist die einzige Entscheidung, um im Rahmen der Gesetze die Situation zu entspannen“, sagte Bülent Tezcan, Vize-Chef der oppositionellen Republikanischen Volkspartei (CHP). Grund sind Manipulations-Vorwürfe: Am Wahl-Tag wurden viele Wahlzettel ohne offiziellen Stempel ausgegeben. Die Wahlkommission entschied, diese Zettel als gültig zu akzeptieren, solange nicht bewiesen sei, dass sie von außerhalb in die Wahlkabine gebracht wurden.

Hinrichtungen

Die Lage wird weiter eskalieren. In seiner ersten Ansprache kündigte ­Erdogan vor einer jubelnden Menge an, die Todesstrafe einzuführen. Notfalls will er ein zweites Referendum darüber ansetzen. Laut Experten kann er mit 60 % Zustimmung rechnen. Damit würde er alle Brücken nach Europa abbrechen, alle Beitrittsgespräche wären sofort abgebrochen. (pom)


Erdogan: Alle Macht in seiner Hand

  • Doppelte Macht: Der Präsident ist Staats- und Regierungschef. Einen Ministerpräsidenten wird es nicht mehr geben.
  • Personalhoheit: Der Präsident ernennt den Vize-Präsidenten und die Minister nach Belieben.
  • Durchregieren: Er kann Dekrete mit Gesetzeskraft erlassen und am Parlament vorbei regieren.
  • Notstand: Er kann den Ausnahmezustand über das Land verhängen.
  • Einspruch: Er darf Beschlüsse des Parlaments mit einem Veto blockieren.
  • Ende: Er kann das Parlament auflösen. Etwa, wenn es den Ruf nach der Todesstrafe nicht unterstützt.
  • Doppelfunktion: Er darf Mitglied in einer Partei und deren Chef sein.
  • Richter: Er bestimmt über sechs der 13 Mitglieder im Rat der Richter und 12 der 15 Verfassungsrichter.
  • Länger im Amt: Die auf zehn Jahre begrenze Amtszeit lässt sich verlängern.

73,2 % der Austro-Türken sagten "Ja"

Diese Wahlwerbung hat gefruchtet: Gleich mehrere Veranstaltungen von Vorarlberg bis Niederösterreich hatte der Erdogan-Vertraute Muhammet Müfit Aydın trotz Verbots Mitte März in Österreich absolviert. Tatsächlich bekam das Verfassungsreferendum aus Österreich deutlich mehr Stimmen als aus anderen Ländern:

  • 73,23 % der Stimmen der Austro-Türken entfielen auf „Ja“. Weltweit waren es im Schnitt 14 % weniger (59,2 %).
  • Im Vergleich dazu gab es aus Deutschland 63 % „Ja“-Stimmen, in Frankreich 65 %, in den Niederlanden 71 %. Nur in Belgien votierten mehr (75 %) mit „evet“.
  • In anderen Ländern dagegen überwog die Ablehnung. In der Schweiz stimmten 62 % dagegen, in Großbritannien 80 %, in Schweden 53 %, in den USA 84 %.

© APA

Quelle: APA

Warum aber bekam Erdogan ausgerechnet aus Österreich so viel Zuspruch? Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) in ÖSTERREICH: „In Gastarbeiterländern wie Deutschland, Niederlande, Belgien und Österreich gab es hohe Zustimmung. Das ist auch darauf zurückzuführen, dass diese Leute schlecht ausgebildet, streng religiös und traditionell Erdogan-Unterstützer sind. (siehe rechts). Grünen-Politiker Efgani Dönmez sagt: „Österreich wird von der AKP seit Jahren als Hinterland der Türkei angesehen. Hier wurden Netzwerke aufgebaut, die straff organisiert werden.“ (mud)

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