Nach dem Attentat
So bissig ist die neue Charlie Hebdo-Ausgabe
14.01.2015
Über die toten Kollegen werden Witze gemacht. Aber es gibt ein Tabu.
Auf die Verkaufsstellen des französischen Satiremagazins "Charlie Hebdo " hat es Mittwoch früh einen riesigen Ansturm gegeben. Nach wenigen Stunden war die erste Ausgabe des Blattes seit dem Attentat auf die Redaktion vergriffen. Immerhin: In den nächsten Tagen soll Nachschub kommen, insgesamt werden drei Millionen Exemplare in 16 Sprachen (darunter Arabisch) gedruckt.
Man habe eine Zeitung unter "kaum vorstellbaren Bedingungen" produziert, berichtet Redakteurin Zineb El Rhazoui. Im Leitartikel heißt es: "Seit einer Woche hat 'Charlie', eine atheistische Zeitung, mehr Wunder vollbracht, als alle Heiligen und Propheten zusammen.
Die Kollegen vom "Spiegel" haben einen ersten Überblick über die Witze in der ersten "Charlie Hebdo"-Ausgabe nach dem Massaker:
In der Ausgabe gibt es eigentlich nur ein Tabu: die Namen der Attentäter werden nicht genannt. Man wolle den Mördern keine Bühne geben, berichtet einen der Karikaturisten.
IS: Neue Karikaturen "Extrem dumm"
Die jihadistische Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) hat das Cover der neuen Ausgabe der französischen Satire-Zeitung "Charlie Hebdo" verurteilt. Die Veröffentlichung neuer Mohammed-Karikaturen sei "extrem dumm", hieß es am Mittwoch in einer Erklärung im Radiosender Al-Bayan, den IS in von ihnen kontrollierten Gebieten in Syrien und im Irak ausstrahlt. Damit werde der Prophet erneut beleidigt.
Kritik aus dem Iran
Der Iran hat das Titelbild der neuen "Charlie Hebdo"-Ausgabe mit der Karikatur des weinenden Propheten Mohammed verurteilt. "Das ist eine provokative Geste und für Muslime verletzend", sagte Außenamtssprecherin Marsieh Afcham am Mittwoch in Teheran. Sie sprach von einem Missbrauch der Pressefreiheit, der für Muslime inakzeptabel sei.
Türkische Zeitung druckt "Charlie Hebdo" ab
In der mehrheitlich muslimischen Türkei hat die linksnationalistische Zeitung "Cumhuriyet" vier Seiten der neuen Ausgabe von "Charlie Hebdo" als Beilage nachgedruckt. Das regierungskritische Blatt berichtete Online, die Polizei habe die Lastwagen mit den frisch gedruckten Zeitungen in Istanbul in der Nacht zu Mittwoch gestoppt.
Nachdem die Polizei festgestellt habe, dass die Karikatur des Propheten Mohammed von der neuen "Charlie Hebdo"-Titelseite nicht in dem Nachdruck enthalten ist, habe die Staatsanwaltschaft die Weiterfahrt erlaubt. Allerdings ist die Titelseite, auf der der Prophet Mohammed weint und ein Schild mit der Aufschrift "Je suis Charlie" hält, als kleineres Bild an zwei anderen Stellen der "Cumhuriyet"-Ausgabe vom Mittwoch zu finden. Vor dem "Cumhuriyet"-Gebäude in Istanbul verschärfte die Polizei die Sicherheitsvorkehrungen.