Live aus Athen

So erlebe ich das Griechen-Chaos

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In der griechischen Politik herrscht Chaos, auf den Straßen ebenso.

So erlebe ich das Griechen-Chaos
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Es herrscht wieder angespannte Ruhe am zentralen Syntagma-Platz. Aber: Noch immer liegt Tränengas in der Luft. Schon nach wenigen Minuten tränen meine Augen, es kratzt im Hals. 24 Stunden zuvor hatten sich hier Zehntausende versammelt, um abermals gegen den Sparkurs des Landes zu demonstrieren.

Brandbomben explodierten, Steine und Flaschen flogen gegen die Polizei. „Anders können wir unsere Wut nicht mehr zeigen“, brüllt der Kraftfahrer Nikolaus Diamantulis (40) in mein Mikro, „was wollen die noch von uns?“ Der Fahrer hat keinen Job, bezieht 445 Euro Arbeitslose, diese soll jetzt um weitere 20 % gekürzt werden: „Wie soll ich da überleben? Die Miete kostet 310 €, dazu Strom, Gas, Essen. Zum Glück habe ich keine Kinder.“

Nikolaus harrt seit 23 Tagen auf dem Syntagma-Platz aus. Wie einige Hundert andere auch – arbeitslose Akademiker, Facharbeiter, Studenten. Er schläft in einem Zelt, will sich durch nichts vertreiben lassen.

Demos sollen bis zum Sparpaket-Votum dauern
„Diebe, Verräter“, mischt sich Nikos Kotsakis (69) in unser Gespräch: „Ich habe 40 Jahre gearbeitet, jetzt wollen sie meine Rente kürzen – ich bekomme aber nur 800 Euro. Wie soll’ ich da noch sparen?“ Ähnlich Satiris Stefanopulos (49). Er arbeitete bei einer Tageszeitung, wurde nach 25 Dienstjahren wegrationalisiert: „Ich bin wütend und angewidert, die Sparmaßnahmen auf Kosten einfacher Leute werden uns nicht aus der Krise führen.“ Die Stimmung bleibt explosiv in Athen. Gewerkschaften, Bürgervereinigungen und Frustrierte haben nur mehr eine Antwort auf das Desaster: Massendemonstrationen, Streik, Wut. Ihr Protest soll durchgehend bis zum Tag der Abstimmung über das Sparprogramm im Parlament am 30. Juni andauern. „Wir dürfen dem finanziellen Genozid Griechenlands nicht tatenlos zusehen. Deshalb werden unsere Proteste weitergehen – egal, wie schlecht es uns schon jetzt geht.“

Neue EU-Hilfspakete könnten sich verzögern
Ministerpräsident Giorgos Papandreou steht dem Ganzen ohnmächtig gegenüber. Zwar stellte er am Donnerstag im Parlament die Vertrauensfrage, versprach eine Regierungsumbildung . Davon halten die wütenden Bürger aber genauso wenig wie von zusätzlichen Ausgabenkürzungen, um den Haushalt um weitere 6,5 Mrd. Euro zu entlasten, damit die nächste Kredittranche fließen kann. Außerdem bekommt Papandreou Gegenwind aus der eigenen Partei, zwei seiner Abgeordneten traten zurück. Die Opposition lehnt das Sparpaket ab.

Die Regierungskrise könnte nun die Rettungsaktion infrage stellen. Denn in der EU ist ein Streit über den Zeitplan für das nächste Hilfspaket in Höhe von bis zu 120 Milliarden Euro ausgebrochen – Deutschland legt sich quer. Gibt es kein weiteres Milliarden-Paket, droht in Griechenland endgültig Chaos.

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