Österreicher berichtet:

"So erlebte ich das Beben"

20.05.2012

Ein heftiges Beben zerstörte gestern weite Teile Norditaliens. Panik brach aus. Tausende Menschen wurden aus ihren Häusern evakuiert.

Zur Vollversion des Artikels
© APa / EPA
Zur Vollversion des Artikels

Heftige Schockwellen rissen in der italienischen Region Emilia Romagna die Menschen aus dem Schlaf. Um 4.04 Uhr in der Früh bebte am Sonntag die Erde mit einer Stärke von 5,9. Das Epizentrum lag nahe der Gemeinde Finale Emilia. Ganz Norditalien bebte. Sogar bis Innsbruck war das Beben spürbar.
Die Auswirkungen nach den 20 Sekunden waren erschütternd: Mindestens sechs Menschen starben, mehr als 50 wurden zum Teil schwer verletzt.
Eine deutsche Frau (37) bekam aus Schock Atemprobleme. Sie wurde bewusstlos und starb an den Folgen. In Sant’Agostino verlor eine über 100 Jahre alte Frau ihr Leben – vermutlich nach einer Panik-Attacke. Im selben Ort starb auch ein Arbeiter. Er wurde unter den Trümmern einer Stahlfabrik begraben. In einer Keramikfabrik endete das Leben von zwei weiteren Arbeitern.


Mädchen (5) konnte nach 2 Stunden gerettet werden
Panik brach aus. Menschen liefen auf die Straßen. Mehr als 100 Nachbeben wurden gemessen. Ganz Italien fieberte mit: Ein Mädchen (5) lag unter Mauerresten ihrer Wohnung. Zwei Stunden lang gruben Helfer verzweifelt nach ihm bis es schließlich gerettet wurde.
Auch kulturell war das Erdbeben eine Katastrophe: Das Gebiet rund um die Stadt Ferrara ist Weltkultur-Erbe der Unesco. In Finale Emilia ist eine 1.000 Jahre alte Burg nur mehr Geröll. Kirchtürme kollabierten, eine Kathedrale in Mirandola verlor ihr Dach. In Sant’ Agostino wurde das Rathaus zerstört.
Der ehemalige ORF-Oberösterreich-Chef Helmut Obermayr erlebte das Beben in Abano Terme: „Unser Bett im Hotelzimmer hat gewackelt, der ganze Boden gezittert.“ (S. rechts.)


Feuerwehrmann wurde im Einsatz begraben
Das Leid war nicht vorbei: Um 16 Uhr gab es ein schweres Nachbeben (Stärke 5,0). Ein Feuerwehrmann wurde unter Trümmern verschüttet. Er schwebt in Lebensgefahr. Sogar ein Krankenhaus musste evakuiert werden – die Mauern sind zu schwach. Aus Angst vor weiteren Nachbeben flüchteten viele Familien auch gestern Nacht in ihre Autos.

Beben bis Tirol:

 

Das Epizentrum lag nördlich von Bologna. Schockwellen gingen bis nach Österreich:

 

Das Erdbeben riss ein gewaltiges Loch in das Rathaus von Sant’ Agostino.

Ex-ORF-Landeschef Helmut Obermayr:

 

‚Das Zimmer hat gezittert‘

ÖSTERREICH: Sie haben das Beben in Abano Terme erlebt, nur 80 Kilometer vom Epizentrum entfernt …
Helmut Obermayr: Es war kurz nach vier: Meine Frau und ich sind aus dem Schlaf hochgeschreckt, unser Bett im Hotelzimmer hat gewackelt, der ganze Boden gezittert, ein ungutes Gefühl. Zum Glück war das Beben nur kurz, es war rasch wieder vorbei, bei uns im Hotel ist alles ganz geblieben. ÖSTERREICH: Herrschte Panik im Hotel?
Obermayr: Es ist natürlich eine ordentliche Aufregung gewesen, aber Panik ist keine ausgebrochen. Auch stürmte keiner in die Lobby. Wohl deshalb nicht, weil das Beben nur kurz gewesen ist und die Nachbeben relativ schwach waren. Wir sind eine 38-köpfige Reisegruppe aus Oberösterreich, waren auf einem Kulturtrip im Veneto. Klar haben einige überlegt, ob sie sich den Rest der Nacht unter einen Türstock stellen oder das Hotel verlassen sollen. Die Lage hat sich aber bald wieder beruhigt, niemand ist in die Lobby gestürmt. Nur in den Gänge wurde diskutiert.
ÖSTERREICH: Abano Terme ist voll mit Touristen aus Österreich – konnten Sie Schäden feststellen?
Obermayr: Soweit ich erkennen konnte, ist Abano Terme zum Glück glimpflich davongekommen, nichts wurde zerstört. Von unserer Gruppe wurde auch niemand verletzt.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel