Wie dem meistgesuchtesten Drogenboss seine Familie zum Verhängnis wurde.
Seine Familienbande wurden ihm zum Verhängnis. So lässt sich die spektakuläre Verhaftung des schlimmsten Drogengangsters der Welt, Sinaloa-Kartellchef Joaquin "El Chapo" Guzman, am Wochenende in der mexikanischen Küstenstadt Mazatlan zusammenfassen. Guzman genoss - vor allem nach einer früheren Flucht aus einem Gefängnis versteckt in einem Wäschekorb - den Status einer Legende. Der Milliardär galt als unantastbar, genoss ein Luxusleben mit 46 Autos und Villen in aller Welt.
Doch eine immer intensivere Fahndung der US-Behörden, darunter die DEA, das US Marshall Service und die Einwanderungsbehörde ICE, zogen sukzessive die Maschen enger rund um den "Most Wanted" in Mexikos Drogenkrieg (70.000 Tote seit 2006). Die Agenten fokussierten vor allem auf die Logistik des Kartells: Über welche Kanäle werden die Drogen verteilt, wer sind Mittelsmänner und Drahtzieher? Dabei wurde rasch bemerkt: Guzman, bekannt auch als "Shorty", hatte meist Familienmitglieder in Schlüsselpositionen gehievt. Die beriefen sich bei der internen Kommunikation über die Genehmigung von Deals stets auf ein unbekanntes Kartellmitglied. Rasch wurde natürlich klar: Die Person konnte nur El Chapo selbst sein.
Mit Hilfe der Mexikaner wurden mögliche Verstecke und ein Muster seiner Bewegungen eruiert. Beim ersten Zugriff in einem Versteck entwischte er nur knapp durch eine Einstiegsluke im Badezimmer zu einem Labyrinth aus Fluchttunneln. Freitag hatten ihn die Ermittler jedoch in Zimmer 401 einer Apartmentanlage verfolgt. Sie arbeiteten die ganze Nacht über, um seine Identität zu bestätigen. Samstag, 6:40 Uhr knapp nach Sonnenaufgang, stürmten Elitesoldaten den Raum: Guzman war gerade aufgestanden, bereitete mit nacktem Oberkörper das Frühstück zu nach einer Nacht mit seiner 24-Jährigen Missen-Frau Emma Coronel (die hatte vor zwei Jahren seine Zwillingstöchter zur Welt gebracht). Eine Maschinenpistole im Raum war außer Reichweite. Es fiel kein einziger Schuss.
Jetzt beginnt das Tauziehen um den Drogenboss, "dessen Geschäfte für den Tod und die Zerstörung des Lebens von Millionen Menschen verantwortlich sind", so US-Justizminister Eric Holder. Das Sinaloa-Kartell setzte pro Jahr drei Milliarden Dollar um, ist für 25 % aller Importe von Heroin, Koks, Meth und anderer illegaler Substanzen in die USA verantwortlich. Chicagos Drogenszene wird sogar zu 90 % vom Sinaloa-Kartell versorgt. Die USA dürfte die Auslieferung von El Chapo verlangen. Sollte Mexiko einwilligen, könnte er in Brooklyn (New York) vor den Richter kommen. Es dürfte der Prozess des Jahrzehnts werden.
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