Die Mutter des Teenagers, der 2021 vier Schüler an einer Schule im US-Bundesstaat Michigan erschoss, ist wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden.
Laut Medienberichten ist es das erste Mal, dass in den USA ein Elternteil eines Todesschützen aufgrund persönlicher Verantwortung verurteilt wurde. Ein Geschworenengericht in Pontiac befand die Frau in dem viel beachteten Fall für schuldig. Ihr drohen nun bis zu 15 Jahre Haft, das Strafmaß soll im April verkündet werden.
Gegen die Eltern des Jugendlichen waren nach der Tat schwere Vorwürfe erhoben worden, weil sie die Tatwaffe gekauft und ihrem minderjährigen Sohn Zugang dazu gewährt hatten. Sie sollen außerdem Warnungen aus dem schulischen Umfeld des Burschen ignoriert haben. Die 45-jährige Mutter plädierte in dem Verfahren auf "nicht schuldig". Ihr Mann soll sich im März vor Gericht verantworten.
Der Sohn hatte sich in allen 24 Anklagepunkten schuldig bekannt. Im vergangenen Jahr war er zu einer lebenslangen Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt worden. Im Prozess gegen seine Mutter sagte er nicht aus. Der Teenager hatte im November 2021 an seiner Schule in der nördlich von Detroit gelegenen Kleinstadt Oxford mit einer Pistole der Marke Sig Sauer das Feuer eröffnet. Er tötete vier Mitschüler und verletzte sechs weitere Schüler sowie einen Lehrer. Die Todesopfer an der Oxford High School waren zwischen 14 und 17 Jahre alt.
"Ich wünschte, er hätte uns stattdessen getötet"
Die Eltern waren am Tag der Tat zu der Schule gerufen worden, weil Zeichnungen des damals 15-Jährigen mit Gewaltfantasien gefunden worden waren. Sie sollen abgelehnt haben, ihren Sohn mit nach Hause zu nehmen - und auch nicht überprüft haben, ob der Teenager die Waffe bei sich hatte. Kurze Zeit später hatte der Jugendliche das tödliche Feuer eröffnet. Im Prozess erklärte die Mutter, ihr Mann habe dem Sohn die Waffe gekauft. Sie habe nie Grund zu der Annahme gehabt, dass der Teenager zu einer derartigen Gewalttat fähig sei, betonte sie. "Ich wünschte, er hätte uns stattdessen getötet."
Staatsanwältin Karen McDonald hielt der Mutter in ihrem Schlussplädoyer vor, sie habe es versäumt, "die übliche Sorgfalt walten zu lassen". "Sie hätte die Munition wegschließen können. Sie hätte die Waffe wegschließen können", betonte McDonald. Verteidigerin Shannon Smith argumentierte dagegen, dass ihre Mandantin nicht für die Taten ihres Sohnes verantwortlich gemacht werden könne. Niemand habe diese vorhersehen können, sagte sie.
Der Fall hat die Frage nach der Verantwortung von Eltern für die Handlungen ihrer Kinder einmal mehr in den Fokus gerückt. Eine Anklage und Verurteilung der Eltern bei solchen Gewalttaten durch Minderjährige in Schulen ist selten. Zwar wurden Elternteile in der Vergangenheit mitunter für fahrlässiges Verhalten zur Verantwortung gezogen, in diesem Fall aber wurde offenbar zum ersten Mal ein Elternteil eines minderjährigen Schützen der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen. Die 12-köpfige Geschworenenjury hatte den Berichten zufolge mehr als zehn Stunden über ihr Urteil beraten.
In den Vereinigten Staaten kommt es immer wieder zu tödlichen Schüssen an Schulen und Universitäten. Das Waffenrecht in den USA ist je nach Bundesstaat unterschiedlich, aber Schusswaffen wie Pistolen und Sturmgewehre sind meist verhältnismäßig leicht zu bekommen. Strengere Waffengesetze scheitern in der Regel an den Republikanern im Kongress und an der mächtigen Waffenlobby. US-Präsident Joe Biden hat Maßnahmen zur Eindämmung von Waffengewalt in Aussicht gestellt, bisher aber ohne konkrete Ergebnisse.