Vorstoß nach Gaza: Israel spricht von einer "Provokation".
Die bisher größte "Solidaritätsflotte" für den Gazastreifen war am Sonntag auf dem Weg in das kleine Palästinensergebiet am Mittelmeer. Nach längeren Verzögerungen seien die letzten der über 700 Passagiere am Morgen vor Zypern an Bord eines der Schiffe gegangen, sagte die Sprecherin der Organisation "Free Gaza", Audrey Bomse. Die Flottille werde frühestens am Sonntagabend vor den Küstengewässern Gazas erwartet.
"Wir wollen Rätsel aufgeben"
Zunächst hätten sechs
Schiffe gemeinsam in internationalen Gewässern vor der libanesischen Küste
angehalten, sagte Bomse am Sonntagtmittag. Man berate noch, wann der beste
Zeitpunkt sei, den Vorstoß nach Gaza zu versuchen. Auf jeden Fall müsse dies
bei Tageslicht geschehen. "Wir wollen Israel Rätsel aufgeben, damit man
nicht genau weiß, wann wir kommen." Israelische Medien berichteten, die
Schiffe würden erst Montag früh vor Gaza erwartet.
An Bord der Schiffe sind mehr als 700 pro-palästinensische Aktivisten aus über 40 Ländern, darunter auch Parlamentsabgeordnete sowie bekannte Künstler. Einer von ihnen ist der schwedische Krimi-Autor Henning Mankell. Die Aktivisten wollen die von Israel verhängte Seeblockade vor dem Gazastreifen brechen und 10 000 Tonnen Hilfsgüter wie Nahrung, Medikamente und Rollstühle direkt nach Gaza bringen.
Israel droht
Ein Großaufgebot der israelischen Marine, von Armee
und Polizei will das verhindern. Israel hat damit gedroht, die Boote
aufzubringen und die Ausländer nach einer Befragung abzuschieben. Mitglieder
einer pro-israelischen Organisation haben angekündigt, sie wollten mit sechs
Booten der "Solidaritätsflotte" entgegenfahren. Die Teilnehmer werfen den
Aktivisten eine "Schmutzkampagne gegen Israel" vor.
Die Aktivisten haben gewaltfreien Widerstand angekündigt. "Wir werden nicht anhalten", sagte Bomse. "Wir werden ihre Anordnungen nicht anerkennen." Man sei darauf vorbereitet, die Steuerkajüte und die Maschinenräume zu verriegeln, um der israelischen Marine die Übernahme der Schiffe zu erschweren.
Israel hat angeboten, die Hilfsgüter im Hafen von Ashdod zu löschen und dann mit Hilfe von UN-Organisationen in den Gazastreifen weiterzuleiten. Israel hat den Gazastreifen seit der Machtübernahme der radikal-islamischen Hamas-Organisation im Juni 2007 weitgehend von der Außenwelt abgeriegelt. Es fordert als Bedingung für eine Öffnung des Gazastreifen die Freilassung des vor vier Jahren von einem Hamas-Kommando entführten israelischen Soldaten Gilad Shalit sowie die Beendigung von Raketenangriffen aus dem Gazastreifen.
Aktion eine "Provokation"
Der stellvertretende
israelische Außenminister Danny Ajalon nannte die Aktion eine "Provokation,
die auf eine Delegitimierung Israels abzielt". Wenn die Flotille wirklich
humanitäre Ziele verfolge, "dann sollten die Organisatoren auch etwas für
den entführten Soldaten Gilad Shalit übermitteln".
Nach Ansicht der Vereinten Nationen läuft die Blockade des Gazastreifens, die auch von Ägypten eingehalten wird, auf eine kollektive Bestrafung von 1,5 Millionen Palästinensern hinaus und ist damit nach internationalem Recht illegal. Nach UN-Angaben herrscht in dem Palästinensergebiet eine humanitäre Krise. Israel bestreitet das.
Apelle von Mankell
Der schwedische Schriftsteller Mankell
appellierte von Bord eines der Schiffe an Israel, der Flottille freie Fahrt
zu gewähren. "Die Einschränkung unserer Bewegungsfreiheit wird nur dazu
führen, dass sich die Aufmerksamkeit der Welt auf die langanhaltende und
vollständige Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Bürger im Gazastreifen
konzentriert."