Koalitionsstreit artet aus

SPD-Größe: Wirbel nach 'Fressen'-Sager gegen Seehofer

04.07.2018

Der deutsche Asylkompromiss sorgt nicht nur in Österreich für Ärger, sondern auch beim Koalitionspartner der Union.

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© APA/AFP/CHRISTOF STACHE
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Der Streit in der deutschen Koalition spitzt sich weiter zu. Jetzt wo sich die Unionsparteien CDU und CSU vermeintlich auf eine gemeinsame Asylpolitik geeinigt hatten, mischt der Koalitionspartner SPD nun mit.

Die SPD verurteilt die geplanten Maßnahmen an der Grenze sowie die sogenannten „Transitzentren“ für Flüchtlinge. Die deutschen Sozialdemokraten hatten eine klare rote Linie für die Verhandlungen mit CDU und CSU über die Ausgestaltung eines schärferen Asylrechts in Deutschland gezogen. "Es wird mit uns keine geschlossenen Lager geben", sagte die Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles am Mittwoch nach einer Sondersitzung der SPD-Bundestagsabgeordneten in Berlin. "Auf dieser Basis werden wir am Donnerstagabend weiter verhandeln."

Fresse-Sager sorgt für Wirbel

Nun sorgt ein Sager eines hochrangigen SPD-Politikers über den CSU-Chef und deutschen Innenministers Horst Seehofer für Wirbel. Gegenüber der „Welt“ soll dieser gesagt haben: „Wir überlegen noch, wie wir Seehofer am besten eins in die Fresse geben können.“ Wer diesen Sager getätigt hat, schrieb das Blatt nicht.

Besonders übel nehmen sie Seehofer und anderen CSU-Größen die öffentliche Kampagne gegen die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Dies habe der politischen Kultur in Deutschland nachhaltig geschadet, berichtet das Blatt.

Der SPD-Minister in Nordrhein-Westfalen, Sebastian Hartmann, will nun von Seehofer Taten sehen. „Wer so großspurig wie Seehofer auftritt, muss auch liefern“, wird Hartmann zitiert.

Von seinem Treffen mit Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Donnerstag in Wien müsse der CSU-Chef mit einem bilateralen Abkommen nach Hause kommen, fordert der SPD-Minister.

Kritik an nationalem Alleingang

Die SPD kritisiert zudem einen etwaigen Alleingang Deutschlands trotz der Ergebnisse des EU-Asyl-Gipfels in Brüssel vor einer Woche. "Es darf keine nationalen Alleingänge geben, es muss rechtsstaatliche Verfahren zu jedem Zeitpunkt geben", betonte Nahles weiter. Der Fünf-Punkte-Plan der Partei zur Migrationspolitik und der Koalitionsvertrag seien die Basis. Eine Einigung bei dem Koalitionstreffen am Donnerstag sei unklar.

Union und SPD hatten bereits am Dienstagabend über die geplanten Transitzentren beraten, auf die sich CDU und CSU nach dem erbitterten Machtkampf zwischen Innenminister Horst Seehofer (CSU) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geeinigt hatten.

SPD schon in Vergangenheit gegen Transitzentren

Die SPD hatte sich in der Vergangenheit generell gegen Transitzonen für Flüchtlinge gewandt. In der Partei wird jetzt aber darauf verwiesen, dass es bei dem neuen Unionsvorschlag um eine begrenzte Zahl von Flüchtlingen geht. Deshalb wird eine Einigung für möglich gehalten. Ob diese schon bei den Beratungen der Koalition am Donnerstagabend zustande kommen wird, ist aber noch offen.

Nach Angaben des Innenministeriums wurden an den deutschen Grenzen zwischen Jänner und Mitte Juni dieses Jahres rund 18.000 bereits registrierte Flüchtlinge festgestellt.

Transitzentren an Grenze zu Österreich

Geplant sind sogenannte Transitzentren an drei Grenzübergängen an der deutsch-österreichischen Grenze. Von dort aus sollen bereits in anderen EU-Staaten registrierte Asylbewerber in diese zurückgeführt werden. Hierzu bedarf es aber zunächst auch einer neuen Übereinkunft mit Österreich. Völlig unklar ist, wie ohne Bewachung verhindert werden soll, dass die betreffenden Personen nicht weiterziehen. In der SPD hieß es, die Union argumentiere, die Lager seien ja zumindest nach Österreich hin offen, dorthin könne die Person immer zurückkehren. Die österreichische Bundesregierung steht den deutschen Plänen skeptisch gegenüber.

Weiteres Treffen von Union und SPD

Am morgigen Donnerstag wird erneut ein Koalitionsausschuss mit den Spitzen von Union und SPD über die Details reden. CSU-Chef und Innenminister Seehofer hatte zunächst mit Rücktritt gedroht, wenn es nicht härtere Regeln an ausgewählten Grenzübergängen in Bayern gibt, schließlich willigte Kanzlerin Merkel in die auch rechtlich umstrittene Transitzentren-Lösung ein.

Ex-SPD-Chef Schulz: Flüchtlingszahlen sind „Peanuts“

Der frühere SPD-Chef Martin Schulz hält unterdessen die von der Union angestrebte Schaffung von Transitzentren für Flüchtlinge für übertrieben. Es gehe um "Peanuts-Zahlen von Flüchtlingen in einer Peanuts-Frage, die meiner Meinung nach relativ schnell zu klären ist", sagte er am Mittwoch in Berlin. Schulz sprach von einer "aufgeblasenen Debatte" der Union. "Ich glaube nicht, dass es Transitzentren geben wird", sagte er.

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