Zypern
Staatsgründer Rauf Denktas ist tot
14.01.2012
Gründer und Präsident von Nordzypern im Alter von 88 Jahren gestorben.
Der frühere langjährige türkisch-zypriotische Präsident Rauf Denktas ist am heutigen Freitag gestorben. Der Gründer der international nicht anerkannten "Türkischen Republik Nordzypern" (KKTC) türkischen Nordteils der Insel erlag im Alter von 88 Jahren einem multiplen Organversagen, teilten Ärzte im türkisch-zypriotischen Fernsehen mit. "Er hatte die Seele eines Kämpfers", sagte sein Sohn Serdar Denktas im Beisein der Familienmitglieder im Fernsehen.
Der Gesundheitszustand von Denktas hatte sich in den vergangenen zehn Jahren sukzessive verschlechtert. Im vergangenen Jahr musste der Ex-Präsident nach einem Schlaganfall mehrere Wochen im Spital verbringen. Denktas wird von vielen türkischen Zyprioten als Held verehrt, während die griechischen Zyprioten in ihm einen Scharfmacher sehen. Er galt als eine der zentralen Figuren in dem seit einem halben Jahrhundert andauernden Konflikt um die Mittelmeerinsel. Kritiker warfen ihm vor, mit seiner Hartnäckigkeit die Isolation der türkischen Zyprioten verschlimmert statt gelindert zu haben.
Die zypriotischen Türken hatten sich im Jahr 1974 nach einem griechisch-zypriotischen Putsch von Nikosia losgesagt. Denktas wurde zwei Jahre später zum Präsidenten der türkisch-zypriotischen Regierung gewählt, was er bis zum Jahr 2004 blieb. Im Jahr 1983 rief er dann die "Türkische Republik Nordzypern" als unabhängigen Staat aus. Die internationale Anerkennung blieb Nordzypern jedoch versagt. Lediglich die Türkei betrachtet den Inselteil als unabhängigen Staat. Völkerrechtlich vertritt die griechisch-zypriotische Regierung in Nikosia vertritt die gesamte Insel. Im Jahr 2004 wurde sie als solche in die Europäische Union aufgenommen, nachdem von der UNO vermittelte Gespräche über eine Wiedervereinigung an einer Volksabstimmung im griechischen Teil scheiterten. Der Zypern-Konflikt behindert auch die EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei. Diese will die Beziehungen zur EU im Juli auf Eis legen, wenn Zypern turnusmäßig für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt.
Denktas wurde im Jahr 1924 noch während britischer Kolonialzeit als Sohn eines Richters geboren. Er vertrat eine Generation der türkischen Zyprioten, die durch Spannungen und Konflikte mit der griechischen Bevölkerungsmehrheit geprägt wurde. So blieben ihm aus seiner Schulzeit in der südzypriotischen Stadt Paphos vor allem die Hänseleien der griechischen Kameraden im Gedächtnis.
Ende der 50er Jahre baute Denktas die paramilitärische Gruppe TMT mit auf, das türkisch-zypriotische Pendant zu der Terrororganisation EOKA der griechischen Zyprioten. Nach der Unabhängigkeit Zyperns 1960 wurde Denktas Präsident der türkischen Parlamentskammer. Als er 1973 zum Chef der Zypern-Türken aufrückte, war sein Gegenüber auf zypern-griechischer Seite kein anderer als Glafkos Klerides, der über Jahrzehnte Denktas politischer Gegenspieler blieb. Privat waren die beiden eng befreundet.
Denktas hatte den türkischen Nordteil Zyperns bis zur Jahrtausendwende fest im Griff. Doch wuchs die Unzufriedenheit vieler Zypern-Türken mit der Isolation des Landes. Als Denktas auch den jüngsten UNO-Plan für Zypern ablehnte, musste er bei den Parlamentswahlen Ende 2003 erleben, dass die Hälfte der Wähler den UNO-Plan und die damit verbundene Perspektive der EU-Mitgliedschaft unterstützten; auf diese Weise kam der mit 52 Jahren wesentlich jüngere, pro-europäische Politiker Mehmet Ali Talat ins Amt des Ministerpräsidenten. Erstmals hatte Denktas einen ernstzunehmenden Konkurrenten. Bei der Volksabstimmung über den UNO-Plan warb er für ein Nein und scheiterte erneut, weswegen er sich als Präsident zurückzog.