Nicht genug Stimmen

Stichwahl notwendig: Erdogan verfehlt Mehrheit in Türkei

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan muss sich einer Stichwahl stellen.

Termin ist der 28. Mai, wie der Chef der Wahlbehörde am Montag mitteilte. In der ersten Runde erhielt der amtierende Präsident Recep Tayyip Erdogan demnach 49,51 Prozent der Stimmen, sein Herausforderer Kemal Kilicdaroglu kam auf 44,88 Prozent. Der Ultranationalist Sinan Ogan lag abgeschlagen auf dem dritten Platz. Auf ihn könnte damit die Rolle des Königsmachers zukommen.

Wie dessen Anhänger in der Stichwahl abstimmen, könnte sich entscheidend auf das Ergebnis auswirken. Ogan wollte mit seinen Anhängern das weitere Vorgehen ausloten.

Das Ergebnis der Parlamentswahl gab die Wahlbehörde zunächst nicht bekannt. Es zeichnete sich jedoch ab, dass Erdogans Regierungsallianz ihre Mehrheit verteidigen konnte. Der Präsident hat seit der Einführung eines Präsidialsystems 2018 weitreichende Befugnisse, das Parlament mit seinen 600 Abgeordneten ist dagegen geschwächt.

Die Wahl galt als richtungsweisend. Es wird befürchtet, dass das NATO-Land weitere fünf Jahre unter Erdogan noch autokratischer werden könnte. Kilicdaroglu trat als Kandidat für ein breites Bündnis aus sechs Parteien an. Er verspricht die Rückkehr zu einem parlamentarischen System, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Auch international wurden die Entwicklungen in der Türkei aufmerksam beobachtet wegen ihrer Bedeutung für Konflikte in der Region wie dem Syrien-Krieg und für das Verhältnis zur EU.

Die prokurdische Oppositionspartei HDP, die Kilicdaroglu bei der Präsidentenwahl unterstützt, zeigte sich enttäuscht. Die endgültigen Ergebnisse stünden noch nicht fest, "dennoch ist vollkommen klar, dass wir hinter unseren Zielen zurückliegen", sagte Co-Parteichef Mithat Sancar. Er beklagte zudem Repressionen gegen seine Partei beim Wahlkampf. Die Stimmauszählung in der Nacht lief teils chaotisch ab. Die Opposition hatte der Regierungspartei vorgeworfen, die Werte für Erdogan zu schönen.

Erdogan (69) zeigte sich in der Nacht zu Montag gut gelaunt vor jubelnden Anhängern in Ankara und stimmte ein Lied an. Der 74-jährige Kilicdaroglu trat in der Nacht gemeinsam mit den Parteichefs seines Sechser-Bündnisses vor die Presse. "Erdogan hat trotz seiner Diffamierungen und Beleidigungen nicht das Ergebnis erreicht, das er sich erwartet hatte", sagte er. Am Montag hatten die beiden Gegner zunächst keine Termine.

Der Wahlkampf galt als unfair, auch wegen der medialen Übermacht der Regierung. Erdogan hatte die Opposition scharf attackiert und seinen Gegner etwa als "Säufer" und "Terroristen" bezeichnet. Die Opposition hielt mit einer positiven Kampagne dagegen.

In der zweiten Runde habe das Bündnis um Erdogan "numerische und psychologische Vorteile", sagte Galip Dalay, Experte beim britischen Think Tank Chatham House. "Im Wahlkampf dürfte er vor allem das Thema Stabilität betonen, zumal sein Bündnis schon jetzt die Mehrheit im Parlament hat."

Unter Erdogans Führung hat das Land politisch an Gewicht gewonnen. Erdogan ist einer der wichtigsten Verbündeten des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der Kreml erklärte, auch in Zukunft mit der Türkei zusammenzuarbeiten, egal, wer die Wahl gewinne. Unter türkischer Vermittlung kam das Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine zustande.

Zugleich hat der 69-Jährige das Land durch den Bau neuer Brücken, Kliniken und Flughäfen modernisiert. Erdogan genießt vor allem bei frommen Türken Rückhalt, die sich in der säkularen Türkei einst entrechtet fühlten. Menschenrechtsaktivisten werfen ihm dagegen vor, die türkische Demokratie beschädigt zu haben. Kritiker fürchten, dass er seinen autoritären Kurs bei einem Wahlsieg fortsetzt; der Präsident erklärte dazu, er respektiere die Demokratie.

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