Schon 27 Mal vorbestraft
Die irre Strafakte des Terror-Killers
12.12.2018Attentäter Cherif Chekatt (29) war in Deutschland, der Schweiz und Frankreich aktenkundig.
Zwei Tage nach den verheerenden Todesschüssen am Weihnachtsmarkt steht die Stadt Straßburg und mit ihr die ganze Welt unter den schockierenden Eindrücken des Terroranschlags. Drei Menschen starben im Kugelhagel des mutmaßlichen Attentäters Cherif Chekatt (29), 13 wurden zum Teil schwerst verletzt.
Chekatt galt als „Gefährder“, hätte am Morgen vor der grauenhaften Tat wegen versuchten Mordes verhaftet werden sollen. Seine Strafakte ist lang: Er wurde bereits 27 (!) Mal verhaftet. Saß wegen Einbrüchen in der Schweiz, Deutschland und Frankreich über vier Jahre in Haft. Im Gefängnis soll er auch radikalisiert worden sein – jetzt jagen ihn Hunderte Polizisten.
Ministerin Bogner-Strauß & ORF-Mann erlebten Anschlag
ORF-Korrespondent Peter Fritz war Augenzeuge des Terroranschlags. Er versuchte ein Opfer wiederzubeleben (siehe Interview unten). Auch Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß weilte in Straßburg, war kurz vor dem Attentat noch in der Nähe des Tatortes unterwegs (s. unten).
Unterdessen wird fieberhaft nach dem Terroristen gesucht, der bei einem Schusswechsel mit der Polizei verletzt worden sein dürfte. Mehr als 600 Spezialeinsatzkräfte sind an der Fahndung beteiligt. Laut Sicherheitsbehörden besteht die Gefahr, dass sich Chekatt nach Deutschland abgesetzt hat, wo er jahrelang lebte und Verbrechen beging.
Polizei von islamistischem Hintergrund überzeugt
Klarheit dürfte es mittlerweile auch um das Motiv des Attentäters geben. Mehrere Zeugen des Anschlags berichten übereinstimmend, dass Chekatt vor und während den Todesschüssen „Allahu Akbar“ – „Gott ist ist groß“ – gerufen haben soll.
Das deckt sich auch mit dem Faktum, dass die französische Polizei den Mann in der so genannten „Fiche S“-Sicherheitsakte führte – einer Liste von Personen, die verdächtigt werden, radikalisiert zu sein. Seine Persönlichkeit wird als „rücksichtslos“ attestiert.
Zahl der Todesopfer könnte sich noch erhöhen
Die Trauer über die drei Todesopfer ist groß. Ein thailändischer Tourist und ein ehemaliger Banker aus Frankreich verloren ihr Leben. Laut Behörden schweben noch sechs Verletzte in Lebensgefahr.
ORF-Reporter: "Wäre ich schneller gegangen, hätte ich auch Opfer sein können."
ÖSTERREICH: Herr Fritz, wie haben Sie den Anschlag am Dienstagabend erlebt?
Peter Fritz: Ich war in der Innenstadt unterwegs, als ich lautes Knallen hörte. Ich dachte zuerst an Knallfrösche. Auf der Sankt-Martin-Brücke ist ein Mann auf dem Boden gelegen. Ich habe mit zwei deutschen Frauen sofort mit der Ersten Hilfe begonnen.
ÖSTERREICH: Wie lange haben die Wiederbelebungsversuche gedauert?
Fritz: Sicher 45 Minuten. So lange sind keine Rettungskräfte eingetroffen. Mir war schnell klar, dass das nur mehr wenig Sinn hat. Der Mann, ein thailändischer Tourist, hat mindestens einen Kopfschuss erlitten. Es waren auch Polizisten da, die aber nicht eingegriffen haben.
ÖSTERREICH: Wie geht es Ihnen jetzt nach den dramatischen Geschehnissen?
Fritz: Mich beschäftigt der Gedanke, dass ich selbst zum Opfer hätte werden können, wenn ich nur etwas schneller gegangen und 40 Sekunden früher auf der Brücke gewesen wäre.(zac)
VP-Ministerin: "Entging Anschlag nur durch eine glückliche Fügung"
ÖSTERREICH: Wie haben Sie den Anschlag erlebt?
Juliane Bogner-Strauß: Wir waren zum Zeitpunkt des Anschlages wieder im Europaparlament. Zuvor waren wir aber in der Innenstadt unterwegs gewesen.
ÖSTERREICH: Sie saßen dann bis drei Uhr früh im Parlament fest …
Bogner-Strauß: Ja, wir waren erschüttert, Man liest so etwas immer in der Zeitung – wenn man mittendrin ist, ist das dann etwas völlig anderes. Umso mehr, als wir kurz zuvor genau am Ort des späteren Anschlages waren.
ÖSTERREICH: Sie selbst hatten also Glück …
Bogner-Strauß: Das war eine glückliche Fügung, dass wir zurück ins EU-Parlament mussten. Da ist man natürlich dann in Gedanken bei den Opfern. Und ist froh, dass man in Sicherheit ist.(gü)