Nordkorea hat am Freitag nach Angaben des südkoreanischen Verteidigungsministeriums an der Westküste mehr als 200 Granaten in der Nähe zweier südkoreanischer Inseln abgefeuert.
Die Bewohner der Inseln wurden daraufhin vom Ministerium aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen, wie örtliche Vertreter der Nachrichtenagentur AFP sagten. Seoul bezeichnete das Artilleriefeuer als "provokativen Akt, der den Frieden auf der koreanischen Halbinsel gefährdet".
"Das nordkoreanische Militär hat heute zwischen 09.00 und 11.00 Uhr (zwischen 13.00 und 15.00 Uhr MEZ) mehr als 200 Schuss in den Gebieten von Jangsan-got im nördlichen Teil von Baengnyeong und den nördlichen Gebieten der Insel Yeonpyeong abgegeben", sagte ein Vertreter des südkoreanischen Verteidigungsministeriums. Nordkorea müsse "diese Aktionen umgehend einstellen", forderte das Ministerium in einer Erklärung und warnte, es werde mit "angemessenen" Maßnahmen reagieren. Laut dem Generalstab Südkoreas gab es keine Schäden durch die Granaten.
"Präventive Maßnahme"
Zunächst sagten Vertreter der Insel Yeonpyeong der Nachrichtenagentur AFP, die Bewohner seien aufgefordert worden, sich in Sicherheit zu bringen. Es handle sich um eine "präventive Maßnahme". Die Insel liegt zwölf Kilometer südlich der nordkoreanischen Küste.
Kurz darauf sagte ein Behördenvertreter der Insel Baengnyeong, die Evakuierung werde "in diesem Moment bekannt gegeben". Er sei darüber informiert worden, dass die südkoreanische Armee in Kürze eine Marineübung abhalten werde.
Beziehungen zwischen Nord- und Südkorea auf Tiefpunkt
Die Beziehungen zwischen Nord- und Südkorea befinden sich derzeit auf einem Tiefpunkt. Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un will die Waffenentwicklung ausweiten, darunter auch jene von taktischen Atomwaffen. Als Reaktion darauf haben Südkorea und die verbündeten USA ihre Verteidigungszusammenarbeit verstärkt und gemeinsame Militärübungen abgehalten.
Das Gebiet um die Seegrenze ist in der Vergangenheit wiederholt Schauplatz von Gefechten zwischen Kriegsschiffen beider Länder gewesen. Die sogenannte Nördliche Grenzlinie (NLL) wird von Nordkorea nicht anerkannt. Die Grenzlinie wurde nach dem Korea-Krieg (1950-53) einseitig von einem UNO-Kommando gezogen, um Feindseligkeiten zwischen beiden Seiten zu verhindern. Yeonpyeong war 2010 Ziel eines Angriffs der nordkoreanischen Artillerie gewesen. Vier Menschen wurden damals getötet.Die Koreanische Halbinsel ist seit Jahrzehnten geteilt und befindet sich völkerrechtlich noch immer im Kriegszustand. Ein Friedensabkommen ist nach dem Korea-Krieg nicht geschlossen worden, nur ein Waffenstillstand. In den Bruderkrieg hatten damals auf der Seite des Südens im Rahmen der UNO die USA eingegriffen, aufseiten des kommunistischen Nordens die Sowjetunion und vor allem China. Nordkorea hat über die Jahrzehnte sein stalinistisches System, inklusive Personenkult, behalten; es ist hochgerüstet, ein Großteil der Bevölkerung aber in totaler Armut. Südkorea hat ab den 80er Jahren den Weg der Demokratie eingeschlagen und hat sich zur Hightech-Nation entwickelt.