Silvius Magnago gilt als 'Vater der Südtiroler Autonomie'.
Südtirols Alt-Landeshauptmann Silvius Magnago ist tot. Der 96-Jährige starb Dienstagfrüh im Bozner Krankenhaus, teilte seine langjährige Sekretärin, Margarethe Greif, mit.
Magnago war am Freitag ins Krankenhaus Bozen eingeliefert worden, nachdem er aus dem Rollstuhl gestürzt war und sich das Schlüsselbein gebrochen hatte. In der Nacht auf Pfingstsonntag hatte sich Magnagos Zustand verschlechtert. Betroffen waren nach Auskunft der Ärzte sowohl die Atem- als auch Herzfunktionen.
"Vater der Südtiroler Autonomie"
Die Mediziner
hatten von einer "sehr kritischen" Situation gesprochen. In
Absprache mit den Angehörigen war Magnago nicht von der Abteilung für Innere
Medizin auf die Intensivstation verlegt worden.
Der Altlandeshauptmann feierte am 5. Februar seinen 96. Geburtstag. Er wird auch oft als "Vater der Südtiroler Autonomie" bezeichnet. Der promovierte Jurist begann seine politische Karriere 1947 bei der Südtiroler Volkspartei (SVP) und prägte die Partei 34 Jahre lang als deren Obmann. Von 1960 bis 1989 lenkte er die Geschicke Südtirols als Landeshauptmann.
Nur eine Wahlniederlage
Der am 5. Februar 1914 im damals noch
österreichisch-ungarischen Meran geborene Magnago wurde im Zweiten Weltkrieg
schwerst verletzt und verlor ein Bein. Seine politische Laufbahn startete
1947 auf der ersten SVP-Landesversammlung. Noch im selben Jahr war der
promovierte Jurist mit von der Partie, als einige hundert Südtiroler mit
einem Protestmarsch auf die Bozner Präfektur, den Sitz des römischen
Regierungsvertreters, gegen die Nichterfüllung des Pariser Abkommens
protestierten.
Im April 1948 trat Magnago als Kandidat zu den Parlamentswahlen an und fiel zum ersten - und letzten - Mal bei Wahlen durch. Zwei Monate später erhielt er bei den Gemeinderatswahlen in Bozen als SVP-Kandidat die meisten Vorzugsstimmen und wurde prompt Vizebürgermeister.
Legendäre Parole: "Los von Trient!"
Es folgten
der Einzug in den Südtiroler Landtag im November 1948 und die Wahl zum
ersten Südtiroler Landtagspräsidenten. Im Mai 1957 wurde Magnago als
43-Jähriger zum Obmann der SVP gewählt und löste Toni Ebner ab, der nicht
mehr kandidiert hatte. Magnago stand der Südtiroler Volkspartei bis zur
Amtsübergabe an seinen Mitstreiter und Nachfolger Roland Riz am 27. April
1992, also fast 35 Jahre lang, als Obmann vor.
Die "große Stunde" kam für Magnago am 17. November 1957: Vor rund 35.000 Südtirolern rief er auf Schloss Sigmundskron bei Bozen die legendäre Parole "Los von Trient!" aus. Das Klima im Südtirol am Ende der 50er Jahre war gereizt. Im Mai 1960 konnte Obmann Magnago auf einer außerordentlichen SVP-Versammlung nur mit Mühe eine Mehrheit für die Selbstbestimmung verhindern.
28 Jahre lang Landeshauptmann
Trotz oder gerade wegen seiner
unerschütterlichen Autonomie-Linie wurde Magnago Ende 1960 Landeshauptmann
von Südtirol. Er bekleidete dieses Amt 28 Jahre lang und erreichte bei
seinen letzten Landtagswahlen im Jahr 1983 mit 74.690 Vorzugsstimmen sein
bestes Wahlergebnis in Südtirol. Zwei Protestkandidaturen 1994 und 2001
gegen das Südtirol benachteiligende Wahlrecht brachten dem
Altlandeshauptmann Italien-weit 232.000 bzw. 182.000 Stimmen.
Neben Sigmundskron 1957 war der Abschluss des Südtirol-Paktes ein zweiter wichtiger Markstein im Leben des Politikers. Einen persönlichen Triumph konnte Magnago am 22. November 1969 einfahren, als er mit hauchdünner Mehrheit als Sieger aus der über das Paket entscheidenden Landesversammlung hervorging.
60 Jahre lang verheiratet
Nach langwierigen
Autonomieverhandlungen zwischen Bozen, Wien und Rom war es dem Pragmatiker
Magnago gelungen, mit einer dünnen Mehrheit von 52,8 Prozent seiner Partei
das Einverständnis für das sogenannte Paket, die neue Südtirolautonomie mit
ihren 137 Schutzbestimmungen, abzuringen. Peter Brugger, der Anführer der
Paketgegner, beendete durch einen historischen Handschlag mit Magnago den
Paketstreit. Seither gilt Magnago als der "Vater des Pakets".
Die Frau an Magnagos Seite hielt sich Zeit ihres Lebens bescheiden im Hintergrund. Sofia Cornelissen aus Essen, die er als Reserveleutnant 1937/38 in Rom kennengelernt und im Oktober 1943 zwischen zwei Fronteinsätzen in Landeck geheiratet hatte, rettete dem an der russischen Front Schwerverletzten, nach dessen eigener Aussage, das Leben. Magnagos Gattin verstarb Ende 2003 nach langjähriger Krankheit.
"Magnago war Südtirol"
Das Ableben des "Vaters der
Südtirol-Autonomie" sorgte in Südtirol und Österreich für große
Betroffenheit und Trauer. "Silvius Magnago war Südtirol", würdigte
Landeshauptmann Luis Durnwalder (SVP) seinen Amtsvorgänger. Ihm sei es zu
verdanken, dass Südtirols Autonomie sich unter schwierigsten Vorzeichen zu
einer Erfolgsgeschichte entwickelt habe. Magnago habe die Landesregierung in
einer überaus schwierigen Phase übernommen, erinnerte Durnwalder. Dass das
Pulverfass Südtirol damals nicht in die Luft geflogen sei, sei "dem
unbedingten Willen Magnagos zum Frieden und zur Verständigung zu verdanken".
Heinz Fischer tief betroffen
"Tirol trauert um einen seiner
Größten", erklärte der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (V). Magnago
habe wie kaum ein anderer seine Heimat geprägt und "in schwierigsten
Situationen immer mutig und entschlossen die richtigen Entscheidungen
getroffen".
Auch Bundespräsident Heinz Fischer zeigte sich tief betroffen. Südtirol verliere einen "höchst verdienten Politiker", der die Geschicke des Landes mit großem Weitblick geleitet habe. "Magnago war auch ein Beispiel eines integeren und verantwortungsbewussten Politikers, der bei aller Zielstrebigkeit in der Sache auch nie das Anliegen der Verständigung und des Ausgleichs aus den Augen verloren hat."
ÖVP-Chef Josef Pröll würdigte Magnago als "großen Politiker, der Zeit seines Lebens das Einende vor das Trennende gestellt hat". Er habe erfolgreich Gegensätze überwunden und das Fundament für eine europäische Musterregion und das friedliche Zusammenleben der Südtiroler Volksgruppen gelegt.