Weiter ungeklärt blieb indes vor allem die Größe der Landesregierung. Auch Zuständigkeiten und Ressortverteilung waren weiter offen.
Bozen/Innsbruck. Nachdem die Verhandler über eine Mitte-Rechts-Fünferkoalition in Südtirol bestehend aus Südtiroler Volkspartei (SVP), Südtiroler Freiheitlichen, Fratelli d'Italia, Lega und La Civica am Donnerstag eine grundsätzliche Einigung bei sämtlichen Sachthemen bzw. Inhalten erzielt hatten, hat der SVP-Ausschuss am Montag einstimmig für den Koalitionspakt votiert. Gegenstimme gab es keine, lediglich eine Enthaltung. Dies sagte SVP-Landessekretär Martin Pircher zur APA.
Weiter ungeklärt blieb indes vor allem die Größe der Landesregierung. Auch Zuständigkeiten und Ressortverteilung waren weiter offen. Der Ball liege nun bei den italienischsprachigen Partnern, die eine Lösung finden müssten, wen sie in die Regierung entsenden, erklärte Pircher. Für die SVP sei sowohl eine achtköpfige Landesregierung ein "denkbares Modell", als auch eine elfköpfige. Sollte sich eine der italienischsprachigen Parteien doch noch knapp vor der Ziellinie verabschieden, stehe für die Südtiroler Volkspartei jedenfalls eines fest: Dann könne es keine "Elfer-Regierung" geben, sondern eine "Achter-Regierung". Übersetzt: Nur wenn die Regierungsmehrheit aus 19 Mandataren bestehen bleibt, könnte die SVP auch die eher ungeliebte Variante aus elf Mitgliedern "schlucken". Keiner der potenziellen italienischen Koalitionspartner - weder "La Civica", noch die Lega und "Fratelli d'Italia" - darf ausscheren, hieß die Sprachregelung nach der Gremiensitzung.
Die Zeit drängt mittlerweile einigermaßen
Parteiobmann Philipp Achammer habe im Ausschuss zudem betont, dass der Ausschuss kommenden Montag wieder einberufen werden könnte, so Pircher. Das heißt: Diese Woche müsse es eine Lösung hinsichtlich der Personalia geben. Die Zeit drängt jedenfalls mittlerweile einigermaßen: Der Landtag muss fristgerecht einberufen werden. Für den 16. Jänner ist die Wahl von Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) im Landesparlament avisiert.
Über die Frage der Größe der Regierung hatte es in den vergangenen Tagen offenbar einige Irritation gegeben, mancherorts war sogar von einer Zerreißprobe noch vor dem Start der neuen Regierung die Rede. Medienberichten zufolge schlug Kompatscher den möglichen Koalitionspartnern - überraschenderweise - eine Landesregierung aus acht Mitgliedern vor. Die beiden italienischen Rechtsparteien Lega und Fratelli d'Italia beharrten jedoch vehement auf zwei Posten in der neuen Landesregierung. Sollen zwei Italiener in der neuen Landesregierung sitzen, muss die Landesregierung elf Mitglieder umfassen.
Landesregierung mit elf Mitgliedern in Aussicht gestellt
Alternativ dazu soll Kompatscher den unbestätigten Berichten zufolge eine Landesregierung mit elf Mitgliedern in Aussicht gestellt haben, allerdings mit Bedingungen: Die italienischen Posten sollten von Marco Galateo von Fratelli d'Italia und Angelo Gennaccaro von La Civica belegt werden. Mit Gennaccaro von der Bürgerliste in der Landesregierung sollte der Schwerpunkt mehr in die Mitte verlagert werden - und die Liberaleren in der Volkspartei beschwichtigt werden, berichteten Rai Südtirol, die Tageszeitung "Dolomiten" und die Internetplattform "stol.it"
Das angestrebte Bündnis hatte der "Sammelpartei" SVP zuletzt einigen Gegenwind aus der Zivilgesellschaft eingehandelt. 224 Wissenschafter der autonomen Provinz waren mit einem "Offenen Brief" gegen die Koalition mit den Rechtsparteien auf die Barrikaden gegangen. Auch rund 200 Künstlerinnen und Künstler wandten sich gegen eine Regierungsbeteiligung der als postfaschistisch bezeichneten Fratelli d'Italia, der Partei von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Die SVP-Parteibasis schien aber mehrheitlich hinter dem Kurs von Kompatscher und Obmann Achammer zu stehen.
Vom Regierungsprogramm ist nur wenig bekannt
Kompatscher war bemüht, den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen bzw. sie zu beruhigen. Er betonte unter anderem, dass es an der SVP liege, "dafür zu garantieren, dass eine Koalition eine klare Ausrichtung der Mitte hat." Man sei schließlich die Partei, die "die Mitte vertritt und deren Politik eindeutig mittig ist."
Vom Regierungsprogramm ist bisher nur wenig bekannt. Die wahrscheinlichen Koalitionäre wollen damit erst an die Öffentlichkeit gehen, wenn das Personalpaket steht und alle Gremien zugestimmt haben. Teil des Koalitionsabkommens soll eine Präambel sein, in der sich die Partner zu Werten wie Europa, Autonomie, Nachhaltigkeit und Nicht-Diskriminierung bekennen. Die Präambel sowie die Autonomie-Frage - Südtirol will sich hier verloren gegangene Kompetenzen aus Rom zurückholen - sollen unter anderem noch zu lösende Knackpunkte im Verhandlungsfinale gewesen sein.
"Sammelpartei" braucht zwei weitere Koalitionspartner
Kommt es zu einem positiven Abschluss der Verhandlungen, weist das neue Bündnis 19 von 35 Mandaten im Südtiroler Landtag auf und verfügt damit über eine deutliche Mehrheit. Von vornherein war klar gewesen: Die "Sammelpartei" braucht nach ihrer Niederlage bei der Landtagswahl Ende Oktober zwei weitere Koalitionspartner, um auf eine Landtagsmehrheit zu kommen bzw. jedenfalls auch einen deutschsprachigen Partner. Ein Novum in der Südtiroler Geschichte. Zuletzt regierte man nur mit der Lega. Dass eine italienischsprachige Partei bzw. deren Proponenten in einer Landesregierung vertreten sind, ist ohnehin zwingend vorgeschrieben.
Bei der Landtagswahl am 22. Oktober hatte die Südtiroler Volkspartei eine empfindliche Niederlage erlitten und war nur noch auf 34,5 Prozent (2018: 41,9 Prozent) und 13 von 35 Mandaten im Landesparlament gekommen. Hinter der SVP den zweiten Platz eroberte das Team K, nach dem Überraschungserfolg bei der letzten Wahl. Die Gruppierung landete bei 11,1 Prozent und vier Mandaten. Einer der deutlichen Gewinner dieser Wahl war die Oppositionspartei Süd-Tiroler Freiheit. Sie kam bei 10,9 Prozent auf dem dritten Platz zu liegen (2018: 6 Prozent) und zählt damit vier statt bisher zwei Mandate.