Rücktritt auf YouTube
Syrien: Vize-Minister reicht´s - Er wird Rebell
08.03.2012Syrischer Vize-Ölminister hat genug - schließt sich "Revolution des Volkes" an.
In Syrien ist offenbar erstmals ein ranghohes Mitglied der Regierung zurückgetreten und zu den Aufständischen übergelaufen. "Ich, der Ingenieur Abdo Hussameldin, stellvertretender Ölminister, kündige hiermit meine Abkehr vom Regime und meinen Rücktritt an", sagte Hussameldin in einem in der Nacht zu Donnerstag auf Youtube veröffentlichten Video. Er schließe sich nun der Revolution des Volkes an, "das die Ungerechtigkeit und die brutale Kampagne des Regimes zurückweist".
Das YouTube-Video mit dem Rücktritt von Syriens Vize-Ölminister:
Ein Aktivist namens Rami, der das Video nach eigenen Angaben drehte und ins Internet stellte, sagte der Nachrichtenagentur AFP in Beirut, die Opposition habe dabei geholfen, Hussameldins Übertritt zu organisieren. Wo dieser sich aufhielt und wo das Video aufgenommen wurde, wollte er aus Sicherheitsgründen nicht sagen.
Der syrische Vize-Minister sagte in dem Video, er habe 33 Jahre lang für die syrische Regierung gearbeitet. Er wolle nun aber nicht im Dienst eines "kriminellen Regimes" enden. Er sei sich durchaus bewusst, dass seine Entscheidung Folgen haben werde. "Dieses Regime wird mein Haus niederbrennen, meine Familie verfolgen und Lügen verbreiten", sagte er. Trotzdem rate er all seinen Kollegen, ebenfalls "das sinkende Schiff" zu verlassen.
Seit etwa einem Jahr gehen die Truppen von Staatschef Bashar al-Assad brutal gegen die Protestbewegung im Land vor. Neuen Schätzungen von Menschenrechtsaktivisten zufolge starben seitdem fast 8500 Menschen.
Angesichts des endlosen Blutvergießens in Syrien lässt US-Präsident Barack Obama nach den Worten von US-Generstabschef Martin Dempsey auch militärische Optionen prüfen. Die syrische Opposition fordert zur Verteidigung gegen Angriffe des Regimes von Präsident Assad Waffen. Die UN-Nothilfekoordinatorin, Valeria Amos, besuchte am Mittwoch das seit Tagen abgeriegelte Viertel Baba Amro in Homs.
Zu den Optionen, die die USA prüfen, zählten humanitäre Missionen, die Überwachung der Seewege, Flugverbotszonen und begrenzte Luftschläge, sagte Dempsey am Mittwoch vor dem Streitkräfteausschuss des Senats. Die verschiedenen Möglichkeiten seien aber noch nicht mit Obama direkt diskutiert worden, sondern mit seinem Team von Sicherheitsberatern. Auch gebe es noch keine Detailplanung.
US-Verteidigungsminister Leon Panetta warnte in derselben Anhörung jedoch vor einem militärischen Eingreifen in den Konflikt, da es den Bürgerkrieg verschlimmern könnte. Der Obama-Regierung sei klar, dass in Syrien "militärische Gewalt an ihre Grenzen stößt, vor allem was Bodentruppen angeht", sagte der Pentagon-Chef. Luftangriffe würden zu zivilen Opfern führen, warnten Panetta und Dempsey.
Zuvor hatte der ehemalige republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain als erster US-Senator Luftschläge gegen die Truppen von Machthaber Assad gefordert. Ein solcher Schritt sei "der einzige realistische Weg", das Blutvergießen zu beenden.
Die UN-Nothilfekoordinatorin Amos hielt sich am Mittwoch etwa eine Stunde lang im seit Tagen abgeriegelten Viertel Baba Amro von Homs auf, berichteten Mitarbeiter des syrischen Roten Halbmondes. Anschließend habe Amos weitere Viertel von Homs besichtigt. Der syrische Außenminister Walid al-Moallem hatte zuvor erklärt, seine Regierung wolle mit Amos kooperieren, "solange dies nicht die Souveränität Syriens verletzt".
Nach dem Abzug der Deserteure der Freien Syrischen Armee hatte die Armee das Viertel Baba Amro am Donnerstag vergangener Woche eingenommen. Seither sollen Tausende Zivilisten aus dem vormals umkämpften Gebiet geflohen sein. Das Rote Kreuz hatte seither vergeblich auf den Zugang zu dem Viertel gewartet. Aktivisten hatten in den vergangenen Tagen über Hinrichtungen, Massenfestnahmen, Vergewaltigungen und Plünderungen in Baba Amro berichtet. Am kommenden Samstag wird auch der neue Syrien-Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen, der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan, in Damaskus erwartet.