Islamisten geben moderat: 'Wir wollen eine voll und ganz sichere Umgebung hier'
Die radikalislamischen Taliban würden einen Besuch von Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel in Afghanistan begrüßen. "Angela Merkel würde besonders herzlich aufgenommen werden. Wir würden uns wirklich sehr über sie freuen", sagte ein Vertreter der Taliban, Zabihullah Mujahid, dem Boulevardblatt "Bild". "Wir wollen eine voll und ganz sichere Umgebung hier in Afghanistan - das von allen Ländern der Welt akzeptiert wird, und an das die Staats- und Regierungschefs glauben."
Taliban garantieren humanitären Helfern Sicherheit
Die Taliban haben sich nach UN-Angaben verpflichtet, für die Sicherheit von humanitären Helfern in Afghanistan zu sorgen. Die Islamisten hätten in Gesprächen zugesichert, dass Mitarbeiter von Hilfsorganisationen sich im Land frei und sicher bewegen könnten, erklärte ein UN-Sprecher am Sonntag. Nach der Machtübernahme durch die radikalislamischen Taliban ist Afghanistan nach Einschätzung der UNO von einer humanitären Katastrophe bedroht.
Afghanistan war bereits zuvor in hohem Maße von humanitärer Hilfe abhängig. Rund 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes werden aus dem Ausland finanziert. Von den 38 Millionen Einwohnern Afghanistans sind nach UN-Angaben 18 Millionen Menschen akut von einer humanitären Katastrophe bedroht.
Angesichts einer drohenden humanitären Katastrophe in Afghanistan hatte der Nothilfekoordinator der Vereinten Nationen, Martin Griffiths, zuvor die Taliban-Führung in Kabul getroffen. Laut UN sprach Griffiths am Sonntag mit dem Taliban-Vizechef Mullah Abdul Ghani Baradar, der nach der Machtübernahme der militanten Islamisten als möglicher künftiger Regierungschef des Landes gehandelt wird. In Afghanistan flammt unterdessen der Widerstand gegen die Taliban auf.
Griffiths bekräftigte den Willen der internationalen Gemeinschaft, Afghanistan mit Hilfsgütern zu versorgen, wie es hieß. Zugleich habe der UN-Diplomat die Taliban dazu aufgerufen, die Rechte von Frauen und Minderheiten zu achten. Die neue Führung in Kabul wiederum versprach den UN zufolge, die Sicherheit aller humanitären Helfer - Männer wie Frauen - zu gewährleisten.
Die Vereinten Nationen hatten am Freitag eine hochrangig besetzte Hilfskonferenz für Afghanistan angekündigt. Das Treffen auf Ministerebene soll am 13. September in Genf stattfinden. Fast die Hälfte der 38 Millionen Menschen in Afghanistan benötigt nach UN-Informationen Unterstützung. Jeder dritte Afghane wisse demnach nicht, woher seine nächste Mahlzeit kommen solle.
Offensichtlich drangen die Taliban weiter in das Panjshir-Tal vor. Die italienische Hilfsorganisation Emergency, die ein Krankenhaus und eine Geburtenstation im Tal betreibt, teilte auf Twitter mit, dass die Islamisten das Dorf Anabah, rund 30 Minuten von der Provinzhauptstadt Basarak entfernt, erreicht hätten. Die Islamisten erklärten am Sonntag, sechs der sieben Bezirke seien bereits unter ihrer Kontrolle. Vertreter der Widerstandskämpfer gaben dagegen am Sonntag an, der Bezirk Parjan am Talende sei vollständig von Taliban-Kämpfern befreit worden. Am Eingang zum Tal seien Taliban nach der Sprengung eines Teils eines Berges eingekesselt. Rund 1.000 Angreifer seien getötet oder gefangen genommen worden.