Rolf Tophoven
Terror-Experte: "Das kann in Österreich genauso passieren"
20.12.2016
Terror-Experte Rolf Tophoven sieht auch eine Gefahr für Österreich.
Mindestens 12 Tote und fast 50 Verletzte mussten die deutschen Behörden am Monatgabend melden, nachdem ein Lkw mit hoher Geschwindigkeit in einen Berliner Weihnachtsmarkt raste. Am Dienstag bestätigte sich schließlich der Verdacht, den viele bereits hatten: es war Terror. Ein Verdächtiger konnte festgenommen werden, allerdings gibt es Zweifel, ob es wirklich jener Mann war, der den Terror-Truck gefahren ist und dann flüchtete.
Doch über allen neuen Entwicklungen steht der Schock. Lange wurde es befürchtet, nun wurde es traurige Realität. Der Terror ist in Deutschland angekommen. Für Rolf Tophoven ist das keine große Überraschung. Er ist Journalist und seit den 1970er Jahren als Terrorismusexperte bekannt. Im Gespräch mit oe24.at analysiert er die Geschehnisse in Berlin.
oe24.at: War dieser Anschlag abzusehen?
Rolf Tophoven: Die deutschen Sicherheitsbehörden sind schon seit langem davon ausgegangen, dass Deutschland nicht mehr nur einer abstrakten Gefahr unterliegt, sondern, dass ganz konkret in Deutschland mit einem Anschlag gerechnet werden musste. Was unbekannt ist und keiner wissen konnte ist Ort und Zeitpunkt. Aber es wurde immer wieder durchgespielt, was passieren könnte.
oe24.at: Hätte man dies verhindern können?
Tophoven: Einen Anschlag dieser Art können Sie nicht 100-prozentig verhindern. Es ist müßig jetzt irgendwelche politischen Zuweisungen aufzunehmen, um irgendwen in die Verantwortung zu nehmen. Einen Anschlag dieser Art können Sie nicht verhindern, weil man nicht weiß, wer mit einem Lkw oder Pkw unterwegs ist und Sie wissen nie, was sich in dem Kopf des einen oder des anderen abspielt. Deshalb ist eine 100-prozentige Sicherheit keinesfalls gegeben.
oe24.at: Wie bewerten Sie die Vorgehensweise der deutschen Polizei, die relativ schnell von einem Anschlag sprach?
Tophoven: Dass die Polizei in Berlin sehr schnell von einem mutmaßlichen Terroranschlag sprach, lag daran, dass der modus operandi, also die Vorgehensweise, sehr stark an den Anschlag in Nizza erinnerte. Es war geradezu reflexartig das Bild von Nizza im Kopf und von daher kam diese schnelle Reaktion. Die weiteren Ermittlungen haben den Terrorverdacht mehr und mehr verdichtet.
oe24.at: Gibt es eine solche Terrorgefahr auch in Österreich?
Tophoven: Zwar haben Sicherheitsanalysen gezeigt, dass Österreich noch relativ außen vor ist, aber eine solche Bewertung kann sich auch in Wien über Nacht ändern. Die Kooperation zwischen den deutschen und österreichischen Behörden läuft gut, sodass man davon ausgehen muss, wenn signifikante Informationen in Deutschland vorliegen, dass die auch nach Österreich kommen. Aber wir können heute nie irgendetwas ausschließen und man muss auch davon ausgehen, dass sich der IS in einem starken militärischen Druck befindet. Von daher ist nicht auszuschließen, dass er als eine Art Befreiungsschlag den Terror nach Europa exportiert. Das kann in Österreich genauso passieren, wie in Deutschland.
oe24.at: Wie geht es jetzt weiter?
Tophoven: Die Sicherheitsbehörden werden die Vorkehrungen auf den Weihnachtsmärkten noch sichtbar verstärken. Auf der einen Seite ist jetzt natürlich seitens der Behörden Ruhe geboten. Jetzt solle man keine Hektik verbreiten, weil die einen Anschlag mit einem Pkw oder einem Lkw eh nicht verhindern können. Aber zunächst wird erst einmal das Umfeld des Täters gecheckt.