Lkw raste durch Menschenmenge

Terror in Nizza: Mindestens 84 Tote

14.07.2016

Attentat am Nationalfeiertag +++ Täter war Tunesier +++ Mehr als 80 Tote +++ Dutzende Verletzte.

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Am französischen Nationalfeiertag hat ein Angreifer in Nizza Hunderte feiernde Menschen auf der Strandpromenade mit einem Lastwagen überfahren und 84 von ihnen getötet. Unter den Todesopfern befinden sich auch zehn Kinder. Frankreichs Präsident Francois Hollande sprach von einem terroristischen Akt. Über die Nationalität der Opfer ist bisher laut Außenministerium in Wien nichts bekannt. Internationale Politiker reagierten mit Entsetzen.

Lkw raste auf Promenade des Anglais in Menge

Der Täter sei am Donnerstagabend während eines Feuerwerks mit dem schweren Lkw mehrere hundert Meter über den Gehsteig der belebten Promenade des Anglais gerast, teilten örtliche Politiker mit. Dabei habe er auch auf die Menge geschossen, bevor er selbst von der Polizei getötet worden sei. Bevor er erschossen wurde, soll er laut "Allahu Akbar" gerufen haben. "Die Leute sind umgefallen wie Kegel", sagte ein Augenzeuge dem Sender "France Info".

Die Todesfahrt des Attentäters

© TZOe

Quelle: Tageszeitung ÖSTERREICH

Täter ist 31-jähriger Tunesier

Bei dem Täter handelt es sich um einen 31-jährigen Tunesier, der eine Aufenthaltsgenehmigung in Nizza hatte. "Nice Matin" zufolge hieß er Mohamed Lahouaiej-Bouhlel. Er sei der Polizei wegen allgemeiner Vergehen bekannt gewesen. Im Visier der Geheimdienste habe er aber nicht gestanden. Nach Erkenntnissen der Ermittler war der benutzte Lastwagen angemietet.

Noch in der Nacht übernahmen Experten für Terrorbekämpfung die Ermittlungen. Präsident Francois Hollande erklärte, es gebe keine Zweifel an der "terroristischen Natur" der Attacke.

© Twitter

Quelle: Twitter

Schockierende Augenzeugen-Berichte

"Der Lkw kam im Zickzack die Straße entlang. Wir rannten in ein Hotel und versteckten uns mit vielen anderen Leuten auf der Toilette", sagte eine Augenzeugin dem Sender "France Info". Eine andere Frau sagte, sie habe sich mit etwa 200 anderen Leuten in einem Restaurant an der Promenade versteckt, wo sich die Lage etwa zwei Stunden nach dem Angriff beruhigt habe. "Es ist eine Szene des Schreckens", sagte der lokale Abgeordnete Eric Ciotti zu "France Info". Der Lastwagen sei über den Gehsteig gerast und habe "mehrere hundert Leute niedergemäht", bevor ihn die Polizei gestoppt habe.

Auch Österreicher vor Ort

"Plötzlich hat jemand gerufen: 'Attentat, Attentat', und die Leute sind buchstäblich um ihr Leben gerannt." So schildert die Wienerin Birgit Gradischnig unter Berufung auf ihre Tochter die Situation am Strand von Nizza.

Die Französischlehrerin und ihre 19 Jahre alte Tochter Katharina sind seit Dienstag auf Urlaub in der südfranzösischen Stadt, am Donnerstagabend waren sie zunächst bei der Parade anlässlich des Nationalfeiertags an, Katharina ging dann noch mit Freunden aus Wien an den dicht bevölkerten Strand - und dort wurde die friedliche Atmosphäre plötzlich unterbrochen. "Meine Tochter und ihre Freunde sind in das Appartement in der Altstadt gelaufen, das ihre Freunde gemietet hatten. Dort haben sie die Nacht verbracht", sagte Birgit Gradischnig.

Sie selbst befand sich am späten Abend in ihrem Hotel und konnte nicht weg, weil die Securities niemanden aus dem Gebäude ließen. "Ich bin mit meiner Tochter zum Glück über Internet in Kontakt gestanden. Sie hat mir erzählt, dass viele Menschen, die am Abend noch beim Essen im Freien gesessen sind, von den Tischen aufgesprungen und weggerannt oder in die Lokale gelaufen sind", berichtete die Wienerin.

Schusswaffen und Granaten im Lkw gefunden

Nizzas Bürgermeister Christian Estrosi erklärte, in dem Lastwagen seien später Schusswaffen und Granaten gefunden worden. Allerdings handelt es sich dabei nach Angaben aus Ermittlerkreisen um eine nicht funktionsfähige Granate und Waffenattrappen. Auf Fotos vom Tatort ist die von zahlreichen Einschüssen getroffene Windschutzscheibe des 25-Tonnen-Lkws zu sehen.

Hollande erklärte noch in der Nacht in einer Ansprache an die Nation, der nach den Anschlägen von Paris über das Land verhängte Ausnahmezustand werde nun nicht wie geplant am 26. Juli wieder aufgehoben, sondern um weitere drei Monate verlängert. In der französischen Hauptstadt hatten am 13. November islamistische Angreifer 130 Menschen getötet.

Auch Kinder unter Opfern

Hollande zufolge sind unter den Getöteten auch Kinder. Insgesamt sind nach Angaben des französischen Innenministers Bernard Cazeneuve mindestens 84 Menschen ums Leben gekommen. 18 Menschen seien sehr schwer verletzt worden, sagte Cazeneuve Freitagfrüh in Nizza. Zudem gebe es rund 50 Leichtverletzte. Über die Nationalitäten der Opfer war zunächst nichts bekannt, es war deshalb auch unklar, ob sich auch Österreicher unter ihnen befinden. Allerdings sind im Außenministerium bisher keine Hinweise auf österreichische Opfer eingegangen.

© Reuters

Schreckliche Bilder: An der Promenade des Anglais lagen Dutzende Leichen

Außenministerium rät Österreichern von Reisen nach Nizza ab

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich betroffen. "Schreckliche News aus Nizza (...) Wir stehen Frankreich in diesen schwierigen Zeiten bei", teilte er via Kurznachrichtendienst Twitter Freitag früh mit. Der Terror müsse "global bekämpft" werden, bekräftigte Kurz, der noch am Vormittag in den Nordirak reisen wird, im Ö3-Wecker. Man müsse nun gemeinsam gegen den Terrorismus vorgehen, "damit sich nicht noch mehr junge Menschen vom Terrorismus verführen lassen".

Das Außenministerium in Wien rät allen Urlaubern in Nizza, in ihren Unterkünften zu bleiben. "Es wird dringend empfohlen, die betroffene Region zu meiden. Folgen Sie daher den Anweisungen des lokalen Sicherheitspersonals", heißt es auf der Website des Ministeriums. Das französische Innenministerium hat eine Hotline für Angehörige und Opfer in Französisch und Englisch unter der Rufnummer +33 143 175 646 eingerichtet. In Österreich ist das Bürgerservice des Außenministeriums unter 050 11 50-4411 erreichbar.

Der 14. Juli, von den Franzosen als Beginn der Französischen Revolution gefeiert, sollte ein Tag der unbeschwerten Feste werden - er endete in einem Blutbad.

+++ Alle aktuellen Entwicklungen zum Terror in Nizza hier im Live-Ticker +++

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