Der Mann soll Kontakte zur rechten Szene unterhalten haben.
Wer ist Anders Behring Breivik, der Mann, der in Norwegen am Freitag die zwei verheerenden Angriffe mit mehr als 90 Toten verübt haben soll? Immer mehr Details zum Leben des festgenommenen Verdächtigen, eines 32-jährigen Norwegers, sind in den vergangenen Stunden durchgesickert. Nach Medienberichten soll es sich um einen "christlichen Fundamentalisten" handeln, der Kontakte zur rechten Szene unterhielt. Dem TV-Sender NRK zufolge distanzierte er sich allerdings von Neonazis. Thomas Schmidinger, Lektor für Politikwissenschaften an der Universität Wien, wies gegenüber das APA darauf hin, dass der Verdächtigen als "islamkritischer" Blogger in Erscheinung getreten war.
Breivik, groß, blond und blauäugig, habe sich im Internet selbst als Nationalist und Gegner einer multikulturellen Gesellschaft bezeichnet, berichtete die norwegische Zeitung "Verdens Gang" (VG). Der Mann war unbescholten, bis auf eine Jahre zurückliegende Strafe für ein Verkehrsdelikt. Er besitze Waffenscheine, unter anderem für eine Glock-Pistole, schrieb das Blatt, dessen Redaktionsgebäude in Oslo durch eine von Breivik verursachte Bombenexplosion schwer beschädigt worden ist.
Vieles würde darauf hindeuten, meinte der Politologe Schmidinger, dass der Attentäter mit einem bekannten "islamkritischen" Blogger ident sei. Recherchen seriöser Webseiten würden das belegen. "Man könnte deshalb auch vom ersten größeren Anschlag eines anti-islamischen Rassisten in Europa sprechen", betonte Schmidinger. Die Kommentare des Bloggers, dessen letzter Eintrag von 2005 stammt, seien von zahlreichen anti-islamischen und rassistischen Internetseiten übernommen worden.
Im vergangenen Jahr hatte Breivik die ehemalige norwegische Regierungschefin Gro Harlem Brundtland als "Landesmörderin" bezeichnet (Verballhornung von Landesmutter, Anm.). Bei Beobachtern der rechten Szene in Norwegen hatte man die regen Aktivitäten des 32-Jährigen im Internet schon länger registriert. Allerdings: "Alle kennen seinen Namen, aber man weiß eigentlich nicht, wer er ist", sagt Kari Helene Partapuoli, Leiterin des Antirassistischen Zentrums, gegenüber der Zeitung "Aftenposten". Ihre Erkenntnisse: Der mutmaßliche Attentäter sei nicht an eine Organisation angedockt, stütze sich aber in seinen Ansichten "auf europäische rechtsextreme Strömungen". Insofern sei aus seinen Postings auf "klassische rechtsextreme Rhetorik" herauszulesen.
Auf der Facebook-Seite Breiviks beschreibt sich dieser als "konservativ" und "christlich". Er sei der Leiter eines Bio-Bauernhofs, Junggeselle und interessiere sich für die Jagd sowie für Computer-Kriegsspiele wie "World of Warcraft" und "Modern Warfare 2". Seine Firma Geofarm soll sich VG zufolge dem Anbau von Gemüse und Knollengewächsen gewidmet haben. Andere berichteten, dass der Mann mit seiner Mutter lebte und sich sein Anwesen auf dem Land etwas außerhalb von Oslo befinde. Im Frühjahr habe mit dem Einkauf von Kunstdünger begonnen, der für die Herstellung von Sprengsätzen verwendet werden kann.
In Online-Foren zeigte sich Breivik als belesen. Immer wieder machte er sich gegen eine multi-kulturelle Gesellschaft stark. Medienberichten zufolge soll er Freimaurer und kurze Zeit Mitglied der rechtsgerichteten Fortschrittspartei FrP und deren Jugendorganisation gewesen sein. Dafür gab es zunächst allerdings keine Bestätigung.
Breivik hat offenbar am 17. Juli eine Twitter-Nachricht verschickt - seine einzige von dem Konto unter seinem Namen. "One person with a belief is equal to the force of 100.000 who have only interests", twitterte der 32-Jährige. Die Botschaft geht auf den englischen Philosophen John Stuart Mill zurück, wonach ein Mensch mit Überzeugung stärker ist als 100.000 Menschen, die nur ihre eigenen Interessen vertreten.