LIVE-Blog aus den USA.
Da saßen sie im TV-Studio, Joe Klein, "Time"-Kolomnist, und MSNBC-Politexperte Howard Fineman. Sie sind Veteranen amerikanischer Politberichterstattung, unzählige Vorwahldramen haben sie schon gesehen, darunter natürlich Bill Clintons Sex-Seifenoper um Gennifer Flowers, über die Klein den Bestseller "Primary Colors" verfasste. Doch nun rangen sie nach Worten bei der Beschreibung des Untergangs der Republikanerpartei im peinlichen Chaos.
Denn kaum räumte "Grapschinator" Herman Cain das Feld, nahm Donald Trumps Aufmerksamkeitsdefizitsstörung wieder den GOP-Wahlk(r)ampf in Geiselhaft. Donald Trump! Er ist wohl einer der kuriosesten Figuren Amerikas: Berühmt ist er als geschmacksbefreiter Immobilien-Tycoon, dessen goldverzierte Luxus-Klötze US-Städte verschandeln. Als Reality-TV-Star feuert er jedoch Woche neue Apprentice-Bewerber. Trumps geföhnter Haarhelm ist Gegenstand ebenso reger Debatten wie sein "Reichtum": Selbst sieht er sich als Multimilliardär, andere halten ihn eher vor einen Hochstapler, dessen "Imperium" hochverschuldet sei.
Trump ist jedenfalls zornig über Amerikas Abstieg und drängt in die Politik. Als er im Frühjahr seine eigene Kandidatur fürs Oval Office überlegte, machte er sich mit der Jagd nach Obamas Geburtsurkunde lächerlich. Als der doch in Hawaii geborene Präsident sie letztendlich im Original vorlegte, teilte "The Donald" griesgrämig mit, dass er sich nun doch lieber auf die nächste Staffel seiner TV-Show kümmern wolle als um die Führerschaft der freien Welt.
Jetzt ist er back - und es ist peinlicher denn je: Nachdem im GOP-Rennen offenbar die letzten Schranken an Ernsthaftigkeit fielen, wurde Trump zum Moderator der nächsten TV-Debatte ernannt - jener in Iowa, noch dazu eine Woche vor dem Kaukus dort (dem ersten Test der Vorwahl-Saison). Als die Kandidaten Huntsman und Paul entrüstet absagten, verlachte sie Trump noch als "Loser" und "Witzfigur". Doch dann wollten sich auch Romney, Perry und Bachmann für den lächerlichen PR-Stunt des Baumeisters nicht mehr einspannen lassen. Bisher zugesagt haben: Newt Gingrich und Rick Santorum. Es wird sicher eine tolle Diskussion. Und Trump setzt auf Schadensmaximierung: Jetzt beflegelt er, sichtlich beleidigt, jeden seiner Kritiker.
GOP-Größen sind immer öffentlicher entsetzt über diesen "Flying Circus" namens Republikaner-Vorwahlen. Das Establishment ist aufgewacht: Bisher war alles ja bloß peinlich, doch nun könnte sich ein Frontalunfall abzeichen: Denn mit Ex-Speaker Newt Gingrich hat sich erstmals einer der ultrarechten Außenseiter-Kandidaten an die Spitze der Umfragen gesetzt, der die Vorwahlen auch tatsächlich gewinnen könnte. Noch denkende GOPer wissen: Der bereits als "menschliche Handgranate" beschriebene Gingrich ist gegen Obama praktisch chancenlos (außer die US-Wirtschaft stürzt in die Depression). Aber keine Sorge, die Rettung des Landes ist dennoch möglich: Trump ließ durchblicken, dass er ja noch nächstes Frühjahr als Unabhängiger selbst in den Ring steigen könnte.
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