Inhaftierter Oppositionsführerin droht nun ein dritter Strafprozess.
Die inhaftierte ukrainische Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko muss sich demnächst auch wegen des Auftragsmordes an einem Parlamentsabgeordneten vor 16 Jahren verantworten. Die Anklage wegen Beihilfe zu der Bluttat sei fertig, sagte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Renat Kusmin der Zeitung "Segodnja" (Donnerstag). Sobald die Ärzte die kranke Oppositionsführerin für verhandlungsfähig erklärten, könne das Verfahren in der Ex-Sowjetrepublik beginnen. "Die deutschen Ärzte haben gesagt, dass sie acht Wochen keinen Stress haben darf. Wir warten darauf, dass diese Zeit endet", sagte Kusmin.
Timoschenkos Anwalt Sergej Wlassenko nannte die Vorwürfe "absurd". Auch eine Anzeige gegen die 51-Jährige wegen gefährlicher Körperverletzung an einem Wachmann ihrer Haftanstalt sei konstruiert. "Stellen Sie sich diese kleine Frau vor, wie sie den großen, kräftigen Wachmann angreift", sagte Wlassenko der Deutschen Presse-Agentur in Kiew.
Bereits im Juni hatte Präsident Viktor Janukowitsch angedeutet, dass seine Erzrivalin Timoschenko in den Mord an Jewgeni Schtscherban 1996 verwickelt sei. Auftragsmörder hatten den Parlamentsabgeordneten und seine Frau erschossen. 2002 wurden mehrere Täter verurteilt, die Hintermänner sind aber weiter unbekannt. Schtscherban und Timoschenko mischten damals im lukrativen Gasgeschäft mit.
Timoschenko war 2011 in einem umstrittenen Prozess wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. In einem zweiten Verfahren wegen Steuerhinterziehung und Veruntreuung drohen der Politikerin zwölf weitere Jahre Haft. Timoschenko weist alle Vorwürfe als politisch motiviert zurück.
Die Politikerin leidet an einem schweren Bandscheibenvorfall. Ein deutsches Ärzteteam, das Timoschenko behandelt, hatte schwere Vorwürfe gegen den ukrainischen Justizvollzug erhoben. In einer Erklärung warfen die Mediziner in der Vorwoche den Behörden vor, Timoschenko über Monate eine angemessene Behandlung verweigert zu haben.