Keine Ausschreibung
Tschechien sagt Temelin-Ausbau ab
10.04.2014Energiekonzern reagiert auf Weigerung der Regierung Strompreis zu garantieren.
Der geplante Ausbau des tschechischen Atomkraftwerks Temelin ist vorerst vom Tisch. Der tschechische Energiekonzern CEZ hat die seit 2009 laufende Ausschreibung für den Bau eines dritten und vierten Blocks in dem 60 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernten AKW gestoppt, wie CEZ-Sprecher Ladislav Kriz am Donnerstag mitteilte. Grund dafür sind Zweifel an der Rentabilität des Projektes.
Der Entscheidung über die Einstellung des Tenders sei eine entsprechende Kommunikation mit der Regierung von Premier Bohuslav Sobotka vorgegangen, so der Sprecher. Diese hatte am Mittwoch angesichts des unberechenbaren Stromweltmarktes definitiv einen garantierten Abnahmepreis für Strom aus den zwei geplanten Reaktoren verweigert, wie es der CEZ zuvor gefordert hatte.
Seit 2009, als der öffentliche Auftrag ausgeschrieben wurde, habe es im Energiesektor in Europa eine "turbulente Entwicklung" gegeben, erklärte der CEZ-Chef Daniel Benes am Donnerstag. "Während das Projekt ursprünglich angesichts des Strommarktpreises und weiterer Faktoren völlig wirtschaftlich rentabel war, sind heute alle Investitionen in die Stromquellen, deren Erträge vom Verkauf des Stroms auf dem freien Markt abhängig sind, gefährdet", betonte er.
Dies bedeute aber nicht das Ende des Aufbaus atomarer Energiequellen in Tschechien, so Benes. "Die Gefahr, dass wir in 20 Jahren nicht imstande sein werden, den Stromverbrauch unseres Landes zu decken, ist weiterhin akut. Nur müssen wir unsere Pläne den Änderungen anpassen, die nun in Brüssel vorbereitet werden. Es ist offensichtlich, dass man künftig bei der Sicherung der Weiterentwicklung der Atomenergieindustrie eng mit dem Staat kooperieren wird müssen", fügte Benes hinzu.
Alle Bewerber für den 200 Mrd. bis 300 Mrd. Kronen (7,27 Mrd. bis 10,9 Mrd. Euro) schweren Auftrag wurden über die Aufhebung des Auswahlverfahrens bereits informiert, teilte die CEZ mit. Zu den Interessenten zählten der US-japanische Konzern Westinghouse, das tschechisch-russische Konsortium MIR.1200, bestehend aus Skoda JS, Atomstrojexport und Gidropress, sowie die französische Areva, die jedoch von CEZ 2012 aus dem Verfahren ausgeschlossen worden war, weil sie die Bedingungen nicht erfüllt habe.
Der zu zwei Drittel staatliche Energiekonzern CEZ hatte den Bau eines dritten und vierten Reaktors zu den zwei bestehenden 1.000-Megawatt-Reaktoren bereits vor Jahren ausgeschrieben, das Auswahlverfahren des milliardenschweren Auftrags verzögerte sich jedoch wegen der Debatte über die wirtschaftliche Rentabilität immer wieder, obwohl die Umweltverträglichkeitsprüfung dafür positiv ausgefallen war. Bereits im zweiten Halbjahr 2013 hätte das Auswahlverfahren für die Lieferung der Technologie abgeschlossen und ein entsprechender Vertrag unterzeichnet werden sollen. Die damalige Übergangsregierung von Jiri Rusnok verzichtete aber wegen Bedenken über die Rentabilität auf den Termin. Der Betreiber CEZ hatte von der Regierung Preisgarantien für den Strom gefordert.
Nach der Entscheidung am Donnerstag kursierten in Prag bereits Gerüchte, wonach ein neues Auswahlverfahren ausgeschrieben werden sollte. Bei diesem könnten sich die drei bisherigen Unternehmen sowie ein südkoreanischer Investor bewerben, womit der Preis nach unten gedrückt werden könnte. Ein neues Bieterverfahren hatte auch Präsident Milos Zeman gefordert. "Vier sind mehr als zwei. Es gibt also die Hoffnung auf eine Senkung des Preises", sagte Zeman bereits im Februar.
Aus Österreich, dass die Ausbaupläne von Beginn an kritisiert hatte, kamen am Donnerstag positive Reaktionen. "Wir gratulieren der tschechischen Regierung zu jedenfalls zu ihrem klaren Schritt," erklärte die Initiative "Atomstopp Oberösterreich" in einer Aussendung. Die Regierung stärke damit der Europäischen Kommission den Rücken, sich gegen das Ansuchen aus Großbritannien auf Umgehung des Wettbewerbsrechts auszusprechen.
Bereits vor dem Stopp des Ausschreibungsverfahrens hatten am Donnerstag Umweltminister Andrä Rupprechter und die Grünen die Entscheidung der tschechischen Regierung, keine Strompreisgarantien abzugeben, begrüßt.