Der türkische Außenminister sieht eine "Türkei-Feindlichkeit" in der EU.
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hat angesichts der aus der EU kommenden Kritik an seinem Land von einer "Türkei-Feindlichkeit" gesprochen. Dabei bekommt auch Österreich sein Fett weg. "wenn dann unsere Landsleute in Österreich von Bundeskanzler Kern als radikal bezeichnet werden, dann ist das ein schwerer Vorwurf. Vielleicht sollte sich die österreichische Regierung eher um ihre radikalen Bürger kümmern. Es waren ja keine türkischstämmigen Österreicher, die damals Haider gewählt haben oder aktuell einem rechtsextremen Präsidentschaftskandidaten 49,9 Prozent ihrer Stimmen gegeben haben", so Cavusoglu in der BILD
"Türkei-Feindlichkeit"
"Wir haben uns wie kaum ein anderes Land angestrengt, alle Bedingungen für den EU-Beitritt zu erfüllen", sagte der Außenminister weiter. "Aber das, was wir jetzt von Teilen der EU erleben, sind ausschließlich Drohungen, Beleidigungen und eine totale Blockade. Ich frage mich: Was haben wir verbrochen? Warum gibt es diese Türkei-Feindlichkeit?"
Cavusoglu zeigte sich enttäuscht, dass die Türkei nach dem gescheiterten Militärputsch nicht mehr Unterstützung erhalten habe. Die Europäer verstünden nicht, dass das türkische Volk "traumatisiert" sei. "Sie demütigen uns, statt der Türkei zu helfen." Zur Debatte um die Visafreiheit für Türken, die Ankara im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsabkommen ab Oktober zugesagt worden war, verwies Cavusoglu auf die Verträge. "Und wenn ich auf diese Verträge hinweise, reagieren plötzlich viele gereizt. Aber es kann nicht sein, dass alles, was für die EU gut ist, von unserer Seite umgesetzt wird, aber die Türkei dafür nichts bekommt."
Streit um Visafreiheit
Angesichts der innenpolitischen Ereignisse in der Türkei und der dort geltenden Anti-Terror-Gesetze haben zahlreiche Politiker in der EU gefordert, die Visafreiheit zunächst nicht umzusetzen. Die türkische Regierung geht seit dem Putschversuch mit aller Härte gegen Kritiker vor, Zehntausende Staatsbedienstete wurden bereits festgenommen oder entlassen. Zuletzt hatte Ankara mit der Aufkündigung des Flüchtlingsabkommens gedroht, sollte das Land nicht bis Oktober die Visafreiheit erhalten. Dann könnten wieder vermehrt Flüchtlinge in Griechenland eintreffen.
Cavusoglu sagte der "Bild"-Zeitung: "Klar ist: Entweder wenden wir alle Verträge gleichzeitig an oder wir legen sie alle zur Seite." Der türkische Außenminister forderte erneut auch die Zahlung von drei Milliarden Euro an die Türkei: "Das Geld ist doch nicht für uns, sondern für die Flüchtlinge." Die Türkei trage die Hauptlast aller Länder.
Die Massenfestnahmen von Anhängern des islamischen Predigers Fethullah Gülen, den die Türkei als Drahtzieher der Putschisten ansieht, verteidigte Cavusoglu. Dessen "Terrororganisation" sei "gefährlich" und unterwandere seit 40 Jahren Justiz, Polizei und Militär. Es bestehe die Gefahr eines erneuten Putschversuchs.
Kritik an Erdogan-Verbot
Mit Blick auf Deutschland erneuerte Cavusoglu die Kritik seiner Regierung an dem Gerichtsbeschluss, aufgrund dessen der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan Ende Juli nicht per Videoleinwand zu einer Demonstration von Unterstützern in Köln zugeschaltet werden durfte.
Den deutschen Medien warf der Außenminister "Manipulation und Desinformation" vor. Die Berichterstattung in Deutschland sei "gesteuert in einer Richtung, die nichts mit der Realität in der Türkei zu tun hat". Es könne "kein Zufall sein, dass Medien mit ganz unterschiedlicher politischer Ausrichtung bei der Türkei die gleichen Wörter, die gleiche Rhetorik wählen".