Deal geplatzt
Türkei: Das sind die frechen Forderungen
07.03.2016
Die Türkei forderte drei Mrd. jährlich plus Visa-Befreiung. Der Asyl-Deal wurde vertagt.
Kein Ergebnis beim EU-Sondergipfel zur Flüchtlingskrise: Die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Staaten haben die Entscheidung über einen Flüchtlingsdeal mit der Türkei am Montagabend vertagt, teilten EU-Diplomaten in Brüssel mit. Man werde die Beratungen in den kommenden Tagen fortsetzen, hieß es. An der Zusammenkunft hatte auch der türkische Premier Ahmet Davutoglu teilgenommen.
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Türkei will mehr Geld
Einem Entwurf zufolge hätte die Türkei drei Milliarden Euro an zusätzlichen Hilfsgeldern, die Aufhebung der Visapflicht für seine Staatsbürger mit Juni sowie die Zusicherung zur verpflichtenden Aufnahme syrischer Kriegsflüchtlinge durch die EU erhalten sollen, im Gegenzug für die Rücknahme aller in der Ägäis aufgegriffenen illegalen Migranten. Bereits Ende nächster Woche kommen die EU-Staats- und Regierungschefs zu einem weiteren Gipfel in Brüssel zusammen.
Türkei: Das sind die frechen Forderungen
Dass Angela Merkel Sonntagabend stundenlang alleine mit dem türkischen Premier Ahmet Davutoglu verhandelt hatte, ließ die übrigen 27 EU-Regierungschefs verärgert zurück. Gestern legte Davutoglu auch für sie die Karten auf den Tisch:
■ Rücknahme der Flüchtlinge. Die Türkei sei bereit, alle Flüchtlinge, die von ihrer Küste Griechenland erreichen, zurückzunehmen.
■ 15 Milliarden. Dafür müsse die EU der Türkei in den kommenden fünf Jahren bis zu 15 Mrd. Euro überweisen.
■ Aufteilung der Flüchtlinge. Zudem müsse die EU zustimmen, ein Kontingent an Flüchtlingen aufzunehmen und zu verteilen. Angeblich sprach Davutoglu von 200.000 Syrern.
■ Aufhebung der Visa-Pflicht. Die EU solle sich verpflichten, die Visapflicht für Türken aufzuheben.
Gegen 20.30 Uhr wurde der EU-Türkei-Deal vertagt.
Neue Vereinbarung bis Ende kommender Woche
Nun soll bis Ende kommender Woche eine neue Vereinbarung mit der Türkei stehen. Nach einem Beschluss der europäischen Staats- und Regierungschefs beim EU-Türkei-Gipfel wird über folgende Punkte verhandelt:
■ Rückführung aller Migranten, die unerlaubt aus der Türkei auf die griechischen Inseln übersetzen. Die Kosten dafür trägt die EU.
■ Geordnete Aufnahme von syrischen Bürgerkriegsflüchtlinge durch die EU-Staaten. Für jeden Syrer, der von den griechischen Inseln zurück in die Türkei gebracht wird, soll einer legal in die EU kommen können. Dafür könnte der existierende Rahmen zur Umsiedlung von Flüchtlingen genutzt werden.
■ Beschleunigung des Verfahrens zur Aufhebung der Visumpflicht für türkische Staatsbürger, die in die EU reisen wollen. Ziel ist es, dass Türken spätestens von Ende Juni an kein Visum mehr für Reisen in EU-Länder brauchen.
■ Mehr Tempo bei der Auszahlung der drei Milliarden Euro, die die EU der Türkei bereits im November für die Versorgung von Flüchtlingen zugesagt hat. Die ersten Projekte sollen bis Ende März finanziert werden. Zudem soll die EU über zusätzliche Hilfsgelder entscheiden.
■ Start der Vorbereitungen für eine Ausweitung der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei.
■ Zusammenarbeit mit der Türkei, um die humanitären Bedingungen in Syrien zu verbessern. Ziel ist es, dass die lokale Bevölkerung und Flüchtlinge in einigermaßen sicheren Gebieten leben können.
EU hofft auf "Durchbruch"
Mit dem Vorstoß der Türkei, gegen weitreichende Zugeständnisse alle neu ankommenden Flüchtlinge aus Griechenland zurückzunehmen, will die EU die Migrationskrise überwinden. Wenn der Vorschlag wie am Montag vereinbart auf dem nächsten Gipfel in zehn Tagen beschlossen und dann umgesetzt werde, sei das "der Durchbruch", sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel zum Abschluss des EU-Türkei-Gipfels.
"Die Tage irregulärer Einwanderung sind vorüber", sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk in der Nacht auf Dienstag nach Ende des Gipfels. In den Schlussfolgerungen wird der Vorschlag "herzlich begrüßt"; alle 28 EU-Staaten erklärten, dass sie die Eckpunkte mittragen. Tusk soll bis zum nächsten Gipfel die Feinheiten ausarbeiten.
Faymann: "Ende des Durchwinkens"
Der EU-Gipfel hat nach Worten von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ein Ende des Durchwinkens auf der Balkanroute bekräftigt. Faymann sagte, der Gipfel habe zur Türkei "einiges vom Grundsatz her angenommen". Der genaue Inhalt sei noch auszuverhandeln und soll beim nächsten Gipfel vorgelegt werden. Die einfachste Zeit sei jene des "Durchwinkens" von Flüchtlingen gewesen. Aber "wir sind nicht dazu da, es jemanden leicht zu machen, sondern um Ordnung zu schaffen." Ohne den "klaren Aufschrei und den Weckruf Österreichs wäre es nicht zu dieser Dichte an Besprechungen gekommen, und auch nicht zu der klaren Entscheidung, dass das Ende des Durchwinkens ein Ende der (Balkan-)Route bedeutet".
Türkei drängt auf Visa-Erleichterung
Die EU-Staaten haben nach Darstellung des türkischen Regierungschefs Ahmet Davutoglu eine rasche Visaerleichterung für türkische Staatsbürger bereits grundsätzlich akzeptiert. "Wir hoffen, dass spätestens Ende Juni türkische Bürger ohne Visum in die Schengenzone reisen können", sagte der Regierungschef am frühen Dienstagmorgen nach Abschluss des EU-Türkei-Gipfels in Brüssel.
Bevor die Erleichterungen kommen können, müssen in der EU noch mehrere Hürden genommen werden. Die schnelle EU-Visafreiheit für Türkei sei daran gebunden, dass das Land bis Juni selbst alle Voraussetzungen dafür erfülle, sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel nach dem Ende des Gipfels.