Der Flüchtlingspakt der EU mit Ankara droht wieder einmal zu platzen.
Nach der türkischen Hacker-Attacke auf oe24 schwelt der Streit zwischen Europa und der Türkei weiter. Im Konflikt mit Deutschland und den Niederlanden hat der türkische Innenminister Süleyman Söylu gedroht, tausende Flüchtlinge in die EU zu schicken. "Wenn ihr wollt, schicken wir euch die 15.000 Flüchtlinge, die wir jeden Monat zurückhalten", sagte Söylu am Donnerstag laut der Nachrichtenagentur Anadolu. Zuvor hatte Außenminister Cavusoglu gedroht, die Rücknahmevereinbarung mit der EU aufzukündigen.
Wackliger Flüchtlingspakt
Ankara und Brüssel hatten vor einem Jahr einen Flüchtlingspakt geschlossen, der vorsieht, dass die Türkei alle Flüchtlinge zurücknimmt, die auf die griechischen Ägäis-Inseln kommen. Im Gegenzug versprach die EU Unterstützung bei der Versorgung der knapp drei Millionen Flüchtlinge in der Türkei sowie die Aufnahme eines syrischen Flüchtlings für jeden Syrer, der im Rahmen der Vereinbarung in die Türkei zurückgeschickt wird.
Außerdem sagten die EU-Staaten Visafreiheit für die Türkei und die Beschleunigung der EU-Beitrittsverhandlungen zu. Wegen des massiven Vorgehens der türkischen Regierung gegen ihre Gegner nach dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli wurden die Beitrittsgespräche aber auf Eis gelegt. Die Gewährung der Visafreiheit macht die EU von der Änderung der türkischen Anti-Terror-Gesetze abhängig.
Schwere Vorwürfe
Söylu warf Europa vor, "Spiele" gegen die Türkei zu spielen. "Ihr könnt keine Spiele in dieser Region unter Umgehung der Türkei spielen", sagte der Minister, der als Vertrauter von Präsident Recep Tayyip Erdogan gilt. Er beschuldigte Deutschland und die Niederlande zudem, hinter den Gezi-Protesten im Juni 2013, den Korruptionsermittlungen im Dezember 2013 und dem Umsturzversuch von Juli 2016 zu stecken.
Die Türkei liegt im Streit mit Deutschland und den Niederlanden. Weil in beiden Staaten Wahlkampfauftritte türkischer Minister abgesagt wurden, die vor ihren türkischen Landsleuten in Europa für die umstrittene Einführung des Präsidialsystems bei dem Verfassungsreferendum am 16. April werben wollten, warf Erdogan ihnen "Nazi-Methoden" vor und beschimpfte sie als "Faschisten".
Absagen in Österreich
Auch in Österreich wurden türkische Kulturveranstaltungen mit politischem Hintergrund abgesagt. Ein für Samstag geplantes türkisches Konzert in Innsbruck wird nicht wie vorgesehen in der Olympiahalle stattfinden. Die Salzburger Gemeinde Henndorf (Flachgau) kündigte den Mietvertrag zur Nutzung der Wallerseehalle für ein am kommenden Sonntag geplantes Konzert türkischer Musiker auf.