Der polnische Premierminister warnt vor Abschottung und Nationalismus.
Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk hat sich am Mittwoch klar für Solidarität in Europa und gegen die Wiedereinführung von Grenzkontrollen und aufkeimenden Nationalismus in Europa ausgesprochen. Die Antwort auf die Finanzkrise sei Solidarität sowie "Mehr Europa", nicht weniger, sagte er in seiner Rede im EU-Parlament in Straßburg anlässlich des Beginns der polnischen EU-Präsidentschaft. Scharfe Kritik übte er an der Wiedereinführung der Grenzkontrollen durch Dänemark. Gleichzeitig plädierte er für eine rasche Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in den Schengenraum.
Tusk fordert "mehr Europa"
Die Lösung der Finanz- und Wirtschaftskrise sei nicht, sich von Europa abzuwenden. Solidarität sei die Antwort. "Je mehr Europa, desto weniger Krise", sagte Tusk, dessen Land seit 1. Juli erstmals den Vorsitz in der EU innehat. Mit seiner Forderung nach "Mehr Europa" meine er verstärkte europäische Integration.
Scharfe Kritik an dänischen Grenzkontrollen
Scharfe Kritik übte Tusk an den von Dänemark wieder eingeführten Grenzkontrollen
. "Ich bin entschieden gegen eine Beschränkung der Freizügigkeit unter dem Vorwand, es gäbe Migrationsprobleme", sagte Tusk. Es liege im Interesse Europas, die Reisefreizügigkeit zu schützen. Gleichzeitig äußerte er aber auch Verständnis für Sorgen der Bürger im Hinblick auf die Migrationsströme. Daher müsse man die EU-Außengrenzen gut absichern, eine der Herausforderung der polnischen Präsidentschaft werde daher auch die Stärkung der EU-Grenzschutzagentur FRONTEX sein. "Aber es ist die falsche Antwort, wenn man interne Barrieren aufzieht", betonte er.
Polen plädiert für "offenes Europa"
Folgerichtig nannte Tusk auch ein "offenes Europa" als eine seiner Prioritäten. Darüber hinaus will sich die polnische Ratspräsidentschaft der Sicherheitsfragen - sowohl im militärischen Bereich, ab er auch bei Energie- und Lebensmittelfragen - annehmen. Als dritten Hauptaspekt der Präsidentschaft seines Landes nannte Tusk die Stärkung des EU-Binnenmarktes.
Tusk warnt vor Nationalismus
Eine klare Abfuhr erteilte der Rats-Vorsitzende nationalistischen Tendenzen innerhalb der Union. Die Geschichte habe gezeigt, dass Nationalismus, Protektionismus und Eigenstaatlichkeit immer zur Katastrophe geführt hätten. Gleichzeitig warnte er auch vor zunehmender Skepsis innerhalb der EU. Außerhalb der EU seien alle Menschen davon überzeugt, dass die EU "der beste Ort der Welt" sei - "und das ist keine Ideologie", sagte Tusk.
Rumänien und Bulgarien sollen rasch zu Schengen
Der Premier sprach sich auch für eine rasche Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in den Schengenraum aus. "Warum formulieren wir Bedingungen? Wenn diese erfüllt werden, wie es bei Rumänien und Bulgarien der Fall ist, muss man ihnen auch Taten folgen lassen", sagte Tusk. Die beiden Ländern warten seit dem Frühjahr auf die Aufnahme in den Schengenraum.
Viel Applaus für Premier Donald Tusk im EU-Parlament
Die Rede wurde von den EU-Abgeordneten mit begeistertem Applaus aufgenommen. ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas bezeichnete die Rede als "beeindruckend, überzeugend und europäisch". Auch SPÖ-Mandatar Hannes Swoboda begrüßte die Ausführungen Tusks, dieser habe sich eine "hohe Latte" gelegt, nun gelte es, konkrete Vorschläge nachzureichen.
Kommissionspräsident Barroso lobt Polen
Auch Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso würdigte die Pläne des polnischen Vorsitzes und sicherte Tusk die volle Unterstützung der Kommission zu. Begeistert zeigte sich Barroso auch über das Gastgeschenk des polnischen Ministerpräsidenten an das EU-Parlament: Frische Erdbeeren aus seiner polnischen Heimat.