Krise
Ukraine: 38 Tote nach Straßenschlacht in Odessa
02.05.2014Die Lage in der Ukraine eskaliert. Ukrainische Truppen greifen prorussische Milizen an.
Beim Brand eines Gewerkschaftsgebäudes in der südukrainischen Hafenstadt Odessa sind am Freitag mindestens 38 Menschen ums Leben gekommen. Dies gab die Polizei in der Schwarzmeerstadt am Abend bekannt. Der Brand sei nach Auseinandersetzungen zwischen pro-russischen Separatisten und Anhängern der ukrainischen Landeseinheit ausgebrochen. Es handle sich um eine "kriminelle Brandstiftung".
"38 Menschen sind ums Leben gekommen. 30 starben an einer Rauchgasvergiftung, acht weitere nachdem sie auf der Flucht vor den Flammen aus dem Fenster gesprungen waren", hieß es.
Die Millionenstadt liegt an einer strategisch wichtigen Position im Südwesten der Ukraine. Russische Truppen könnten von dort aus schnell in die von der Republik Moldau abtrünnige Region Transnistrien vorstoßen. Die östlich gelegene Halbinsel Krim hat sich Russland bereits einverleibt. Im äußersten Osten des Landes haben pro-russische Separatisten bereits mehrere Verwaltungsgebäude besetzt. Nächsten Sonntag wollen sie ein Unabhängigkeitsreferendum abhalten.
Truppen rücken in Slawjansk vor - Berichte über Tote
Ukrainische Regierungstruppen sind gegen Warnungen aus Russland mit schweren Waffen ins Zentrum der von Separatisten besetzten Stadt Slawjansk vorgerückt. Zwei Soldaten seien bei einem Feuergefecht in der Ostukraine getötet worden, teilte das Verteidigungsministerium in Kiew am Freitagabend mit.
Die russische Staatsagentur Itar-Tass meldete, das Hauptquartier der prorussischen Aktivisten, die die Stadt seit Wochen kontrollieren, liege unter Beschuss. Die Agentur Interfax zitierte Separatisten, wonach elf gepanzerte Fahrzeuge sowie mehrere Busse mit Infanterie ins Zentrum eingedrungen seien. In der 130.000 Einwohner zählenden Stadt befinden sich auch acht festgesetzte OSZE-Beobachter.
Das ukrainische Verteidigungsministerium erklärte, "Terroristen" hätten mit tragbaren Flugabwehrraketen zwei Kampfhubschrauber vom Typ Mi-24 abgeschossen. Dabei seien zwei Besatzungsmitglieder getötet und weitere verletzt worden. Später seien vier mutmaßliche Schützen festgenommen worden. Das Ministerium veröffentlichte Fotos von vier gefesselten Männern in Zivilkleidung mit über den Kopf gestülpten Säcken.
Putin: "Letzte Hoffnung" auf Frieden zerstört
Kremlchef Wladimir Putin warf Kiew vor, mit der Aktion die "letzte Hoffnung" auf eine diplomatische Lösung zu zerstören. Die Führung in Kiew habe in den Kampfmodus geschaltet und greife friedliche Siedlungen an, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow laut russischen Agenturen. Er sprach von einer "Strafaktion" der Regierungstruppen.
Das russische Außenministerium gab den USA und der EU eine Mitschuld an der Eskalation. "Indem sie die Organisatoren des Regierungsumsturzes in Kiew in ihrer Linie einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste unterstützt haben, haben sich USA und EU große Verantwortung aufgeladen", teilte das Außenamt in Moskau mit. Damit werde eine friedliche Krisenlösung immer unwahrscheinlicher. "Wir fordern den Westen mit Nachdruck auf, seine destruktive Politik (...) zu beenden."
Die Europäische Union forderte ihrerseits eine "Deeskalation". "Wir verfolgen die Lage in der Ostukraine mit zunehmender Besorgnis", sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. Die EU fordere "so rasch wie möglich" eine Umsetzung des Genfer Abkommens, das unter anderem eine Räumung besetzter Gebäude und eine Entwaffnung militanter Gruppen vorsieht.
In Slawjansk hält die "Volksmiliz" seit einer Woche mehrere Militärbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) fest, darunter drei Bundeswehr-Soldaten und einen deutschen Dolmetscher. Die Geiseln seien an einen "sicheren Ort außerhalb der Kampfzone gebracht" worden, sagte Milizenführer Wjatscheslaw Ponomarjow "bild.de". Der Angriff habe alle Gespräche über einen eventuellen Austausch gegen gefangene Gesinnungsgenossen "zunichtegemacht", wurde Ponomarjow später von Ria Nowosti zitiert.
Westliche Behörden hatten am Freitag direkten Kontakt zu den OSZE-Männern. Dies teilte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin mit, ohne genauere Angaben dazu. Beinahe zeitgleich versicherte das dänische Militär, dass es den Festgehaltenen den Umständen entsprechend gut gehe. Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen erklärte dennoch: "Ich bin in großer Sorge um die in Slawjansk festgehaltenen OSZE-Inspekteure."
Auf der nächsten Seite der Liveticker zum Nachlesen!
Pulverfass Ukraine: Im Osten des Landes ist es zu einem neuerlichen Gewalt-Ausbruch gekommen. Ukrainische Regierungstruppen haben nach Angaben prorussischer Separatisten eine großangelegte Aktion zur Rückeroberung der ostukrainischen Stadt Slawjansk begonnen. Die Separatisten haben dabei zwei ukrainische Militärhubschrauber abgeschossen. Dabei starben zwei Besatzungsmitglieder. Jetzt droht ein Bürgerkrieg.
16:41 Uhr: Zusammenstöße in Odessa
In der südukrainischen Stadt Odessa hat es am Freitag Zusammenstöße zwischen Anhängern Moskaus und Kiews gegeben. Hunderte mit Schlagstöcken bewaffnete und mit Helmen geschützte prorussische Aktivisten griffen eine Demonstration von 1.500 Unterstützern der ukrainischen Regierung an.
16:23 Uhr: Flüge gestrichen
Die Behörden in Kiew haben nach Moskauer Angaben Flüge russischer Airlines in die ostukrainischen Großstädte Charkow (Charkiw) und Donezk verboten. Die russische Luftfahrtbehörde sprach am Freitag von einem "beispiellosen Verstoß gegen internationales Recht". Es drohe die Gefahr einer "humanitären Blockade" in der Ostukraine.
15:45 Uhr: Gas gesichert
Russland hat den Kunden in der Ukraine und in der gesamten EU eine ununterbrochene Versorgung mit Erdgas bis Ende Mai zugesichert.
14:53 Uhr: Slawjansk: So ist die Lage jetzt
Die ukrainischen Regierungstruppen haben bei ihrer Offensive in Slawjansk nach Angaben prorussischer Aktivisten nur wenige Straßen in Vororten der Großstadt eingenommen. "Den von Kiew kontrollierten Einheiten ist es nicht gelungen, die Stadt zu erobern", sagte ein Sprecher der "Selbstverteidigungskräfte".
14:13 Uhr: Prorussische Separatisten kapern Eisenbahn
Der Zugverkehr im Osten des Landes ist zum Erliegen gekommen, berichtet ein Sprecher der Eisenbahn in Donezk.
13:52 Uhr: Kreml warnt weiter
Die russische Regierung hat vor dramatischen Folgen des Vorgehens der ukrainischen Armee gegen die Separatisten im Osten des Landes gewarnt. Der Einsatz gegen das eigene Volk sei ein "Verbrechen" und führe das Land in die "Katastrophe", erklärte das Außenministerium in Moskau am Freitag.
13:22 Uhr: Schützen festgenommen
Nach Attacken auf ukrainische Militärhubschrauber im Osten des Landes haben Regierungseinheiten nach eigenen Angaben vier mutmaßliche Schützen festgenommen. Das Verteidigungsministerium veröffentlichte Fotos von vier gefesselten Männern in Zivilkleidung mit über den Kopf gestülpten Säcken:
Ein Bild zeigte eine Pistole und einen Ausweis der "Volksrepublik Donezk", die moskautreue Kräfte in der russisch geprägten Region ins Leben gerufen haben:
Nahe der Stadt Slawjansk waren am heute Vormittag zwei Kampfhubschrauber vom Typ Mi-24 abgeschossen worden. Zwei Besatzungsmitglieder wurden getötet und weitere verletzt. Eine Maschine vom Typ Mi-8 wurde getroffen, konnte aber sicher landen.
12:20 Uhr: NATO-Schiffe laufen ein
Angesichts der Spannungen mit Russland wegen der Krise in der Ukraine hat die NATO fünf Kriegsschiffe nach Litauen verlegt. Der litauische Verteidigungsminister Juozas Olekas begrüßte am Freitag die vier Minenräumboote und ein Versorgungsschiff bei ihrer Ankunft im Hafen von Klaipeda.
12:01 Uhr: Wie geht es den Geiseln?
Westliche Behörden hatten heute direkten Kontakt zu den im Osten der Ukraine von prorussischen Aktivisten festgehaltenen OSZE-Militärbeobachtern. Dies teilte eine Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin mit.
Er wollte keine genaueren Angaben dazu machen, welche westliche Einrichtung diesen Kontakt hatte, wies aber darauf hin, dass grundsätzlich die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die Verhandlungen führe. Es dürfte der erste direkte Kontakt dieser Art mit der Beobachtergruppe gewesen sein.
11:11 Uhr: Ukrainische Soldaten erobern Checkpoint zurück
Die Aufnahme entstand ca 7 km vor der Stadt Slawjansk.
(c) afp
10:45 Uhr: Putin verschärft den Ton
Der russische Präsident Wladimir Putin hat der ukrainischen Regierung vorgeworfen, mit dem Einsatz gegen moskautreue Aktivisten die "letzte Hoffnung" auf die Umsetzung des Genfer Abkommens zu zerstören. Die Führung in Kiew habe in den Kampfmodus geschaltet und greife friedliche Siedlungen an, so Putins Sprecher Dmitri Peskow am Freitag nach Angaben russischer Agenturen.
10:21 Uhr: Steinmeier trifft Burkhalter
Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier ist in Bern mit dem Schweizer Bundespräsidenten Didier Burkhalter zusammengetroffen, um die jüngsten Entwicklungen in der Ukraine zu beraten. Dabei dürfte es auch um die in der Ostukraine von prorussischen Aktivisten festgehaltenen OSZE-Militärbeobachter gehen.
(c) Reuters, Steinmeier in Bern
09:48 Uhr: OSZE-Beobachter weiter in Geiselhaft
Die ukrainische Führung hat die prorussischen Aktivisten im Osten des Landes zur Freilassung ihrer Geiseln aufgefordert, darunter vier Deutsche. Die Separatisten halten die OSZE-Beobachter seit einer Woche fest. Die moskautreuen Milizen müssten zudem ihre Waffen niederlegen und besetzte Verwaltungsgebäude räumen, so Innenminister Awakow.
(c) afp, ein ukrainischer Soldat - maskiert, kampfbereit bis zum Tod
08:37 Uhr: Ukraines Innenminister bestätigt die Berichte
Arsen Awakow hat den Angriff auf prorussische Milizen bei Slawjansk und Kramatorsk im Osten des Landes inzwischen bestätigt. Damit ist klar: Die Lage eskaliert bedrohlich. Awakow forderte alle Bürger in dem Gebiet des "Anti-Terror-Einsatzes" auf, ihre Häuser nicht zu verlassen und von den Fenstern fernzubleiben. Das Verteidigungsministerium in Kiew räumte den Verlust von zwei Hubschraubern ein.
07:45 Uhr: "Kessel um Slawjansk"
Milizenführer Wjatscheslaw Ponomarjow (Ponomarew) sagt soeben, zwei Besatzungsmitglieder der abgeschossenen Hubschraubeeseien geflüchtet. Eine unabhängige Bestätigung gab es zunächst nicht. Moskauer Agenturen zitierten Separatisten, wonach die Stadt mit mehr als 100.000 Einwohnern von Regierungstruppen mit schwerem Militärgerät umstellt sei. In Slawjansk werden seit einer Woche mehrere OSZE-Militärbeobachter festgehalten.
07:33 Uhr: Bilbassiwka besetzt
Ukrainische Soldaten besetzten nach Angaben der Separatisten das Dorf Bilbassiwka. In Slawjansk setzten prorussische Kräfte eine Straßensperre und Reifen nördlich der Stadt in Brand, um schwarzen Rauch zu erzeugen. Slawjansk wird seit mehr als zwei Wochen von Gegnern der Übergangsregierung in Kiew kontrolliert.