Ex-EU-Kommissarin

Ashton: "Putin hat die Ukraine verloren"

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"Man verliert ein Land nicht nur, weil man es militärisch nicht einnehmen kann, sondern auch, weil einen die Menschen dort als Aggressor und nicht als Freund sehen", sagte Ashton.

Wien. Aus Sicht der ehemaligen EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton hat der russische Präsident Wladimir Putin die Ukraine mit seinem Angriffskrieg gegen das Nachbarland "verloren, was auch immer geschieht": "Man verliert ein Land nicht nur, weil man es militärisch nicht einnehmen kann, sondern auch, weil einen die Menschen dort als Aggressor und nicht als Freund sehen", sagte Ashton, die Putin in ihren früheren Funktionen mehrfach getroffen hatte, im Gespräch mit der APA.

"Falls er jemals gedacht hat, dass ein Einmarsch Russlands in der Ukraine dazu führen würde, dass die Ukraine Russland gegenüber warme und positive Gefühle hegt und eine viel engere Verbindung zu Russland möchte, dann sollte man sich ansehen, was mit den Menschen in der Ukraine passiert ist", erklärte die frühere britische EU-Kommissarin. Sie verwies unter anderem auf Menschen, die Angehörige verloren haben, jene, die flüchten mussten, und "Kinder, die zu Hause aufwachsen sollten und stattdessen in anderen Ländern aufwachsen, so gastfreundlich und wunderbar diese auch gewesen sein mögen": "Warum sollten sie etwas Positives über Russland denken? Warum sollten sie das Gefühl haben, dass Russland daran interessiert ist, zu unterstützen und zu helfen?"

EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton

Die ehemalige EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton bei einem APA-Interview in Wien.

© APA/HANS KLAUS TECHT
× EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton

Ziel des russischen Präsidenten sei schwer zu sagen

Was das letztendliche Ziel des russischen Präsidenten sei, sei schwer zu sagen, meinte Ashton, die die Europäische Union zwischen 2009 und 2014 außenpolitisch vertrat. Das "starke Bestreben" Putins, "die Ukraine zu zwingen, entweder ein Teil Russlands zu sein oder nur in Richtung Russland zu blicken, ist inakzeptabel für diejenigen von uns, die daran glauben, dass Nationen selbst über ihre eigene Zukunft entscheiden sollten", unterstrich sie. Die Ukraine sei eine Demokratie, in der die Menschen ihre politische Führung selbst bestimmen könnten und die Wahl hätten. "Und ihnen das gewaltsam wegzunehmen ist im Europa des 21. Jahrhunderts inakzeptabel. Das sollte nicht passieren. Es ist also schwer zu sagen, welches Endziel Russland und speziell Präsident Putin jetzt sehen, denn er hat die Ukraine verloren, was auch immer geschieht."

Auf die Frage, was Europa in dieser Situation tun sollte, sagte Ashton: "Die Ukraine unterstützen, auch wenn man der Meinung ist, dass Verhandlungen der beste Weg nach vorne sind." Denn auch Verhandlungen, so die Ukrainer diese wollten, müssten aus einer Position der Stärke heraus erfolgen. "Die Ukraine muss so stark wie möglich sein", argumentierte Ashton, die gleichzeitig unterstrich, dass die Entscheidung über etwaige Verhandlungen bei der ukrainischen Führung und den Ukrainern selbst liegen müsse. "Ich schlage nicht vor, dass sie verhandeln. Ich sage nur, dass, wenn sie sich in der Zukunft dafür entscheiden sollten, es unsere Aufgabe ist, sie zu stärken."

Europa müsse sich um eigene Sicherheit kümmern

Gefragt, ob man angesichts der aktuellen Lage eher hoffnungsvoll oder eher besorgt sein sollte, sagte Ashton: "Ich denke, wir sollten nie selbstgefällig hinsichtlich dessen sein, was passieren könnte, denn wer hätte gedacht, dass wir wieder einen Krieg in Europa haben würden?" Europa müsse sich um seine eigene Sicherheit und seine Sicherheitsarchitektur kümmern. "Man muss sich darüber Gedanken machen, was Europa in 30, 40 Jahren tun können und wie es aussehen muss, genauso wie darüber, wie es jetzt aussieht", betonte Ashton.

"Wie stellt man sicher, dass die eigene Wirtschaft wächst? Wie stellt man sicher, dass man die Beziehungen auf der ganzen Welt ausbaut - nicht nur, um Handel und Reisen zu verbessern, was wichtig ist, sondern auch, um zu versuchen, Krisen zu verhindern? Denn Krisen beginnen irgendwo, aber sie bleiben selten dort. Sie bewegen sich, und Menschen in Konfliktgebieten oder in Gebieten, in denen man aufgrund des Klimawandels nicht mehr leben kann, bewegen sich auch."

Verstehen, wie sich die Welt verändert

Man müsse verstehen, wie sich die Welt verändere, und sich Gedanken machen, wie man die Menschen an ihren Herkunftsorten unterstützen könne, anstatt reflexartig zu reagieren oder sich "einfacher Slogans für schwierige Probleme" zu bedienen. "Es geht darum zu sagen, wir müssen investieren" - und das sei letztlich auch eine Investition für das eigene Land.

Denn Außenpolitik ist nach Ashtons Überzeugung im Grunde genommen Innenpolitik: "Wir nennen es Außenpolitik, aber das ist es nicht wirklich, denn es geht darum, was mit uns geschieht. Man kann reisen, woanders studieren, woanders arbeiten, woanders Handel treiben aufgrund der Außenpolitik, aber das betrifft uns im Inland. Beim Lösen von (internationalen) Problemen geht es also darum, das eigene Land zu schützen, die eigenen Leute zu unterstützen, wobei man dabei aber gleichzeitig natürlich auch andere Menschen unterstützt und ihnen hilft."

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