Staatspräsident Xi warnt im Ukraine-Krieg

China an EU: "Nicht Öl ins Feuer gießen"

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Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hat bei den Gipfelgesprächen mit den EU-Spitzen am Freitag davor gewarnt, im Ukraine-Konflikt "Öl ins Feuer zu gießen und die Spannungen anzuheizen".

In dem per Videokonferenz organisierten Gespräch mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel sagte Xi ferner, die "Grundursache der Ukraine-Krise sind die regionalen Sicherheitsspannungen in Europa, die sich über Jahre ausgebaut haben".

Er bedauere zutiefst, dass die Lage in der Ukraine sich so entwickelt habe. Offenbar mit Blick auf Russland sagte Chinas Präsident, eine grundlegende Lösung wäre es, die "legitimen Sicherheitsinteressen" aller Parteien zu berücksichtigen. "In diesem Zeitalter sollten globale Sicherheitsrahmen nicht mehr auf einer Mentalität des Kalten Krieges aufgebaut sein." China unterstütze Europa, Russland, die USA und NATO, über die Spannungen zu sprechen und einen ausgewogenen und nachhaltigen Sicherheitsrahmen in Europa zu schaffen.

Ukraine-Konflikt soll sich nicht ausbreiten

Mit der Ukraine-Krise müsse "angemessen" umgegangen werden, forderte Xi. Der regionale Konflikt dürfe sich nicht ausweiten. Die Welt dürfe nicht "als Geisel gehalten" werden und normale Menschen darunter leiden. Das globale Wirtschaftssystem dürfe nicht "beliebig gestört" werden. "Noch weniger dürfen Versuche zugelassen werden, die Weltwirtschaft als Waffe einzusetzen und als Werkzeug, eigenen Ansichten zu dienen, weil solche Versuche eine ernste Krise der globalen Finanzen, von Handel, Energie, Technologie, Nahrung, Industrie und unter anderem der Lieferketten auslösen."

EU nimmt China in Verantwortung

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel fanden unterdessen deutliche Worte. "Kein europäischer Bürger würde es verstehen, wenn es irgendeine Unterstützung für Russlands Fähigkeit geben würde, Krieg zu führen", sagte von der Leyen nach den Gesprächen. "Das würde China hier in Europa einen großen Reputationsschaden zufügen." Das Land trage auch als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine besondere Verantwortung. Indirekt drohte von der Leyen China auch Konsequenzen für die engen Wirtschaftsbeziehungen an. "Es ist klar, dass der russische Einmarsch in die Ukraine nicht nur ein entscheidender Moment für unseren Kontinent, sondern auch für unser Verhältnis zum Rest der Welt ist."

EU-Ratspräsident Michel sagte: "Wir haben China aufgefordert, einen Beitrag zum Ende des Krieges in der Ukraine zu leisten." China könne den Völkerrechtsverstoß Russlands nicht ignorieren.

Chinas Regierungschef Li kam die Rolle zu, den Europäern zum Ukraine-Krieg wohlklingende Worte zu sagen, um China in ein besseres Licht zu rücken. China wolle mit der EU und der Welt zusammenarbeiten und "eine konstruktive Rolle spielen, um die Lage zu entspannen, die Feindseligkeiten einzustellen, eine größere humanitäre Katastrophe zu verhindern und den Frieden bald zurückkehren zu lassen", sagte er.

Dass China damit von Russland abrückt oder auf die Linie der EU einschwenkt, bedeutet das aber keineswegs. Denn als Russlands Außenminister Sergej Lawrow diese Woche China besuchte, waren ganz andere Töne zu hören. Da wurde die "grenzenlose" Freundschaft mit Russland beschworen. Die Beziehungen entwickelten sich in "die richtige Richtung". Beide widersetzten sich der "Hegemonie" der USA.

Chinas Außenminister kritisiert Sanktionen

Auch werden Außenminister Wang Yi und Staatsmedien nicht müde, die USA, die EU und die NATO als Hauptverursacher der Krise darzustellen. So sendete Peking noch kurz vor dem Gipfel ernüchternde Signale aus. "Niemand sollte andere zwingen, sich für eine Seite zu entscheiden", sagte Außenamtssprecher Zhao Lijian. Erneut kritisierte er die Sanktionen des Westens gegen Russland. Die Tatsache, dass der normale Handelsaustausch mit Russland "unnötigerweise" geschädigt werde, sei ein Problem, sagte der Sprecher. Das Problem sei nicht, welches Land Russland helfen wolle, die Sanktionen zu umgehen.

Vielleicht gerade wegen der massiven Differenzen begrüßte Ratspräsident Michel auf Twitter, dass der Videogipfel "eine zeitgemäße und notwendige Gelegenheit für Dialog" sei. Der EU ging es vor allem darum, deutlich zu machen, dass der Krieg nicht nur den Blick Europas auf die Beziehungen zu Russland, sondern auch auf die mit anderen Ländern verändern dürfte. Demnach könnten auch die engen Wirtschaftsbeziehungen zu China infrage gestellt werden, sollte sich Peking nicht deutlicher von Russland distanzieren.

Wirtschaft als wichtiger Faktor

Die Hoffnung der EU ist dabei, dass die Führung in Peking sich der Bedeutung der EU als Wirtschaftspartner bewusst ist. So wurden 2021 zwischen China und den 27 EU-Staaten Waren im Wert von rund 700 Milliarden Euro gehandelt - die EU war damit mit Abstand der wichtigste Handelspartner Chinas. Russland taucht in der Liste der zehn wichtigsten Handelspartner Chinas nicht einmal auf.

Stattdessen stehen auf Platz zwei nach der EU die USA, die China für den Fall einer klaren materiellen Unterstützung Russlands sogar schon Sanktionen angedroht haben. Verhängt werden sollen Strafmaßnahmen insbesondere dann, wenn chinesische Unternehmen oder Banken die US-Sanktionen gegen Russland unterlaufen.

EU bietet China Hilfe gegen Corona

Die EU setzt unterdessen noch auf Anreize und will auch andere Probleme in den Beziehungen lösen. So will die EU China bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie helfen, erwartet gleichzeitig aber Zugeständnisse in anderen Bereichen. Man sei bereit, Expertise zu teilen und zu unterstützen, sagte von der Leyen und nannte konkret mRNA-Impfstoffe. Man habe China aber auch deutlich gemacht, dass eine Reihe von Differenzen angegangen werden müssen. Als Beispiel nannte von der Leyen Pekings Sanktionen gegen Mitglieder des Europaparlaments, den eingeschränkten Zugang zum chinesischen Markt sowie Menschenrechtsfragen und das Vorgehen Chinas gegen Litauen.

So oder so muss sich China allerdings darauf einstellen, dass sich in den Wirtschaftsbeziehungen zur EU in den nächsten Jahren einiges ändern wird und seine Wettbewerbspraktiken nicht mehr geduldet werden. So laufen in der EU derzeit Arbeiten an neuen Instrumenten für handelspolitische Vergeltungsmaßnahmen, Hemmnisse für staatlich geförderte Unternehmen oder Sanktionen für Diskriminierung europäischer Unternehmen bei öffentlichen Ausschreibungen.
 

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