Eine Entsendung von Truppen in die Ukraine wäre nach Worten des Kreml-Sprechers Dmitri Peskow "nicht im Interesse" westlicher Länder.
"Das ist absolut nicht im Interesse dieser Länder, darüber müssen sie sich bewusst sein", sagte Peskow am Dienstag in Reaktion auf eine Äußerung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Mehrere EU-Länder kritisierten indes die Aussage Macrons. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) verlangte eine "diplomatische Perspektive".
Der französische Staatschef hatte am Montagabend erklärt, dass eine Entsendung von Truppen "nicht ausgeschlossen" werden könne. Es gebe zwar derzeit keinen Konsens, sagte Macron zum Abschluss einer internationalen Ukraine-Konferenz in Paris. "Aber nichts darf ausgeschlossen werden, um zum Ziel zu kommen." Das Ziel sei, dass Russland nicht gewinnen dürfe. Premierminister Gabriel Attal unterstrich am Dienstag die Aussagen Macrons: "Man kann nichts ausschließen in einem Krieg (...) im Herzen Europas", sagte Attal im Radiosender RTL.
Dass die Möglichkeit von Bodentruppen nun diskutiert werde, sei ein "sehr wichtiges neues Element" in dem Konflikt, betonte Peskow am Dienstag.
Schallenberg übt Kritik
Macrons Aussagen gehen "in die Gegenrichtung" zu dem, was es derzeit eigentlich brauche, nämlich eine "diplomatische Perspektive", kritisierte Schallenberg. "Es gab ganz offensichtlich in Paris gestern überhaupt keinen Konsens dazu", betonte er. "Und es ist schon erstaunlich, wenn man mit einem Thema, das keinen Konsens hat, rausgeht und damit eine Debatte erzeugt, die wir nicht wirklich brauchen", sagte der Außenminister auf eine Frage der APA vor dem Abflug zu einer viertägigen Nahost-Reise, die ihn nach Israel, Palästina, Jordanien und in den Libanon führt.
Schallenberg unterstrich, dass Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) beim Gipfel am Montag in Paris die österreichische Position deutlich gemacht habe. "Wir brauchen auch wieder eine politische, diplomatische Perspektive in diesem Konflikt. Truppen entsenden ist eigentlich ein Zeichen in die Gegenrichtung, auch wenn man sagt, das ist nicht ein Thema von Artikel 5 des Washingtoner Vertrags", so der Außenminister unter Verweis auf die Beistandsverpflichtung der NATO.
Ablehnung auch aus Berlin
Auch in Deutschland stießen Macrons Äußerungen parteiübergreifend auf Ablehnung. Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil sagte im NDR, er sei strikt gegen ein entsprechendes Mandat für die Bundeswehr. Kritik kam auch von CDU, Grünen, AfD und Linkspartei. Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte, Deutschland müsse Macrons Einschätzung nicht teilen; sie lobte den Präsidenten aber als "Antreiber", während Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ein "Bremser" sei. "Es ist überhaupt kein Thema. Es ist kein Thema in der Diskussion in Deutschland und auch nicht in einem Bündnis", sagte Grünen-Chef Omid Nouripour am Dienstag bei ntv.
Ablehnend zu Macrons Aussagen bezüglich Bodentruppen äußerten sich auch die Ministerpräsidenten Tschechiens und Schwedens, Petr Fiala und Ulf Kristersson. Tschechien erwäge keine Entsendung von Soldaten in die Ukraine, so Fiala. Auch für Schweden sei die Entsendung westlicher Soldaten in die Ukraine derzeit "kein Thema", so Kristersson. Derzeit "sind wir damit beschäftigt, fortschrittliche Ausrüstung in die Ukraine" zu schicken. Es gebe keine Anfrage der ukrainischen Seite nach Bodentruppen, gab Kristersson weiter an.
Die einzige EU-Atommacht Frankreich hatte wie mehrere andere europäische Staaten jüngst Sicherheitsabkommen mit der Ukraine geschlossen. Die europäischen Bündnispartner stehen angesichts der Blockade der US-Militärhilfe durch die oppositionellen Republikaner und Ansagen des wahrscheinlichen republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump, NATO-Partnern bei einem Angriff durch Russland nicht zur Hilfe kommen zu wollen, unter besonderem Druck, ihre Verteidigungskapazitäten gegenüber dem Aggressorstaat zu stärken. Österreich beteiligt sich als neutraler Staat nicht an der militärischen Hilfe für die Ukraine.