Ukraine-Krise
Putin zeigt sich bei Ukraine-Krieg weiter kompromisslos
07.03.2022Der russische Präsident Wladimir Putin hat einmal mehr klargemacht, dass er im Ukraine-Krieg nicht kompromissbereit ist.
Der "Einsatz" werde erst dann beendet, wenn die Ukraine den Kampf einstelle und die Forderungen Russlands erfüllt würden, sagte Putin laut dem Kreml am Sonntag in einem Telefonat mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Putin telefonierte indes auch mit dem israelischen Premier Naftali Bennett, der als möglicher Vermittler gehandelt wird.
Die westlichen Sanktionen gegen sein Land kämen "einer Kriegserklärung" gleich, erklärte Putin. Er warnte zudem Richtung Kiew: "Die derzeitigen Machthaber müssen verstehen, dass sie die Zukunft der ukrainischen Eigenstaatlichkeit infrage stellen, wenn sie weiterhin tun, was sie tun." Putin habe aber auch gesagt, er sei dialogbereit, auch mit ausländischen Partnern. Jeder Versuch, den Verhandlungsprozess in die Länge zu ziehen, werde aber scheitern. Der "Militäreinsatz in der Ukraine", wie der Krieg in Russland auf Putins Befehl genannt wird, laufe nach Plan.
Türkischer Präsident fordert Waffenruhe
Erdogan erneuerte laut seinem Präsidialbüro seine Forderung nach einer Waffenruhe und betonte, dass die Türkei bereit sei, zur friedlichen Lösung des Konflikts beizutragen. Es müssten für eine Waffenruhe, für die Öffnung "humanitärer Korridore" und für die Unterzeichnung eines Friedensabkommens dringend Schritte eingeleitet werden. Das NATO-Mitglied Türkei unterhält enge Beziehungen zur Ukraine und zu Russland. Am Sonntag telefonierte auch der französische Präsident Emmanuel Macron neuerlich mit Putin, nachdem dieser am Samstag überraschend den israelischen Premier Naftali Bennett empfangen hatte.
Bennett sprach am Sonntag neuerlich mit Putin. "Der ausführliche Meinungsaustausch über die Situation im Zusammenhang mit der militärischen Spezialoperation Russlands zum Schutz des Donbass wurde (...) fortgesetzt", hieß es in einer Kreml-Mitteilung vom Sonntagabend. Auch ein Sprecher Bennetts bestätigte das Telefonat. Bennett sprach auch mit dem deutschen Kanzler Olaf Scholz und Macron. Am Sonntag telefonierte er zudem das dritte Mal innerhalb von 24 Stunden mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Dieser hatte Bennett zur Vermittlung im Konflikt aufgerufen.
Von der Leyen sieht Demokratie in Gefahr
EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen hob nach einem Gespräch mit dem deutschen Kanzler Scholz den grundsätzlichen Charakter des Ukraine-Kriegs hervor. "Das ist nicht nur ein Kampf der Ukraine gegen Russland", sagte sie dem US-Sender CNN. "Es geht auch um den Kampf der Demokratien gegen die Autokratien, und deshalb ist es für uns wirklich existenziell, die Ukraine und ihre großartige Führung auf jede erdenkliche Weise zu unterstützen."
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seinerseits wandte sich direkt an die russische Bevölkerung und rief sie zu Protesten gegen die Invasion der Ukraine auf. "Bürger Russlands! Für Sie ist es nicht nur ein Kampf für den Frieden in der Ukraine! Dies ist ein Kampf für Ihr Land", sagt Selenskyj in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache, bei der er für den Appell von der ukrainischen in die russische Sprache wechselt. Wenn die Russen jetzt schwiegen, drohe ihnen selbst Armut und Unterdrückung.
Ukraine nahm hunderte Russen gefangen
Selenskyj zufolge sind Hunderte russische Soldaten in Gefangenschaft seines Landes geraten. "Hunderte, Hunderte Gefangene. Unter ihnen sind Piloten von Flugzeugen, die unsere Städte bombardiert haben. Unsere Zivilisten", sagte Selenskyj in einer Videobotschaft, die er am Sonntag im Nachrichtenkanal Telegram veröffentlichte. Diese Aussagen ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
An die Ukrainer gewandt sagte Selenskyj: "Wir kämpfen darum, wo die Grenze verlaufen wird. Zwischen Leben und Sklaverei." Einmal mehr richtete sich der ukrainische Staatschef auch an die Menschen in Russland: "Die Bürger der Russischen Föderation treffen jetzt gerade genau die gleiche Wahl. In diesen Tagen. In diesen Stunden. Zwischen Leben und Sklaverei."
Selenskyj fordert weiter Flugverbotszone
In einer weiteren Videobotschaft bekräftigte Selenskyj auch seinen Appell, eine Flugverbotszone über seinem Land einzurichten. Der von den Anstrengungen der ersten zehn Kriegstage sichtlich gezeichnete Präsident beschuldigte die Invasoren, den Flughafen im westukrainischen Winnyzja mit acht Raketen "vollständig zerstört" zu haben. Es gebe die "Pflicht, uns zu schützen, Menschen zu schützen", betonte er. Wenn ihr das nicht tut oder uns nicht zumindest Flugzeuge gebt, damit wir uns selbst schützen können, gibt es nur eine Schlussfolgerung: Ihr wollt, dass wir langsam umgebracht werden."
Während die polnische Regierung die Lieferung von Flugzeugen russischer Bauart an die Ukraine ablehnte, gab sich US-Außenminister Antony Blinken am Sonntag gesprächsbereit. Die NATO-Partner hätten diesbezüglich "grünes Licht" erhalten, sagte er im US-Fernsehen. Man sei mit der Regierung in Kiew im Gespräch, was benötigt werde. "Wir sehen uns derzeit aktiv die Frage von Flugzeugen an, die Polen an die Ukraine liefern könnte. Und wie wir dann nachliefern könnten, sollte Polen sich entschließen (...) diese Flugzeuge zu liefern", so Blinken.
Dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zufolge bewegt sich Russland weiter in Richtung Autoritarismus. Der Krieg des russischen Präsidenten gegen die Ukraine spiegle sich in Russland in Zensur und dem systematischen Vorgehen gegen Medien, Journalisten und Nichtregierungsorganisationen (NGO) wider, schrieb der Spanier am Sonntag auf Twitter. Die jüngsten Razzien gegen NGOs sowie die Sperrung von Facebook und Twitter seien "klare Schritte des weiteren Autoritarismus und der Selbstisolation Russlands". Die russische Medienaufsicht hatte am Freitag sowohl Facebook als auch Twitter blockiert.