Die aktuellen Entwicklungen im Ukraine-Krieg im oe24-Liveticker.
Die Ukraine bereitet sich nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj auf einen massiven russischen Angriff im Osten des Landes vor. Man sehe dort eine Truppenkonzentration, sagte Selenskyj am Donnerstag. Auch auf russischer Seite hieß es, Ziel sei es, die Gebiete des Donbass zu erobern, die bisher noch nicht unter der Kontrolle der prorussischen Separatisten stünden. Diese kontrollieren Teile der rohstoffreichen Ostukraine seit 2014.
Russland hat in der fünften Woche des Krieges in der Ukraine angekündigt, seine militärischen Aktivitäten im Nordwesten des Landes und um die Hauptstadt Kiew zurückzufahren. Das britische Verteidigungsministerium teilte mit, dass man aber in den Vororten Kiews dennoch in den kommenden Tagen heftige Kämpfe erwarte. Selenskyj führte den Teilrückzug der russischen Truppen vor allem auf dortige militärische Rückschläge zurück.
Hoffnung für Mariupol
Unterdessen gibt es neue Hoffnung auf Hilfe für die in der südostukrainischen Hafenstadt Mariupol von russischen Truppen eingeschlossenen Menschen. Das Internationale Rote Kreuz teilte mit, mehrere Teams seien auf dem Weg nach Mariupol, um Evakuierungen zu organisieren. Russland habe dem zugestimmt. Die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk sagte, ein Konvoi aus 45 Bussen solle Menschen aus der Stadt bringen. In den vergangenen Tagen waren allerdings Evakuierungsversuche aus der durch russische Bombenangriffe stark zerstörten Stadt mehrfach gescheitert. Das britische Verteidigungsministerium berichtete am Donnerstag von weiteren heftigen Kämpfen um die Stadt.
Die prorussischen Separatisten haben am Donnerstag wichtige Gebietsgewinne in der ukrainischen Donbass-Region gemeldet. Mehr als 90 Prozent des Bezirks Luhansk seien "befreit" worden, teilten die Separatisten auf Telegram mit. Der Bezirk Donezk werde zu mehr als der Hälfte von den prorussischen Kräften kontrolliert. Die Angaben konnten von unabhängiger Seite nicht überprüft werden.
Russland blockiert Mandat für OSZE-Beobachter in Ukraine
Russland hat nach US-Angaben die Verlängerung des Mandats für die internationalen OSZE-Beobachter in der Ukraine blockiert. Die SMM-Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa hatte vor allem die Aufgabe, in der Ostukraine die Waffenstillstandslinie zwischen staatlichen Truppen und separatistischen, pro-russischen Rebellen zu überwachen. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat die Lage dort entscheidend verändert.
Die OSZE hatte angesichts dessen Ende Februar beschlossen, ihre zuletzt aus rund 500 Personen bestehende Mission vorübergehend zu beenden und ihr unbewaffnetes internationales Team außer Landes zu bringen. Die letzten Beobachter verließen am 7. März die Ukraine. Zuvor war noch eine ukrainische Mitarbeiterin beim Beschuss von Charkiw gestorben, als sie Vorräte für ihre Familie besorgen wollte. Das Beobachterbüro in Mariupol wurde durch Beschuss beschädigt. Laut Berichten wurde das Gebäude beschädigt, die SMM-Kommunikationsausrüstung zerstört; zwei SMM-Fahrzeuge fingen Feuer.
Schon zu Jahresanfang - quasi am Vorabend des Krieges - hatte ein russischer Diplomat in einem sogenannten Non-Paper, das Russland in der Staatenorganisation verteilte, heftige Kritik an der Performance der OSZE-Sonderbeobachtungsmission (SMM) in der Ukraine geübt. Diese Mission habe in den letzten Jahren zur Desorientierung der internationalen Staatengemeinschaft beigetragen, warf er unter anderem vor und machte seine Opposition gegen eine Verlängerung des am heutigen 31. März auslaufenden SMM-Mandats deutlich. "Ich erachte es als zwecklos, Möglichkeiten der SMM wieder herzustellen", sagte er. Zudem seien auch in einem "noch nicht klaren Teil der Ukraine" mit den selbst proklamierten "Volksrepubliken" Luhansk und Donezk - die beiden damals großteils von pro-russischen Separatisten kontrollierten, von Kiew abtrünnigen Regionen - zwei souveräne Subjekte entstanden, wo eine Monitoring-Tätigkeit ihren Sinn verliere.
Blockade "äußerst bedauerlich"
Die Blockade Russlands sei "äußerst bedauerlich". Sie sei "unverantwortlich und nicht zu rechtfertigen, aber ich denke, es ist kaum überraschend", erklärte der US-Botschafter bei der OSZE in Wien, Michael Carpenter. "Niemand wird je das Vorgehen der Russischen Föderation vergessen, das uns heute an diesen Punkt gebracht hat: nämlich durch ihre Fortführung eines unprovozierten und barbarischen Aggressionskrieges gegen die Ukraine." Carpenter würdigte im Gegensatz zur russischen Haltung die Arbeit der SMM.
Auch das österreichische Bundesheer hat in den vergangenen acht Jahren zahlreiche Beobachter in die Ostukraine entsandt und seit 2014, als Russland die Schwarzmeer-Halbinsel Krim annektierte und der Konflikt in der Ostukraine begann, mehr als 1.000 Beobachter aus vielen Ländern ausgebildet.
Referendum in Cherson
Russland soll nach Angaben des ukrainischen Generalstabs in der eroberten Großstadt Cherson ein "Referendum" über die Errichtung einer moskaufreundlichen "Volksrepublik" vorbereiten. Damit versuche die einmarschierte Armee, die Gebiete im Süden der Ukraine mit "zivil-militärischen Verwaltungen" zu kontrollieren, teilte der Generalstab in der Nacht zu Donnerstag mit.
Das Muster würde den mittlerweile von Russland als unabhängig anerkannten Separatistengebieten Donezk und Luhansk in der Ostukraine ähneln. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte unlängst von der Gefahr einer solchen "Abstimmung" gesprochen.
Volksrepublik wie Donezk und Luhansk?
Das "Referendum" solle zur Gründung einer quasi-staatlichen "Volksrepublik Cherson" führen, teilte der ukrainische Generalstab mit. Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen. Das strategisch wichtige Cherson mit knapp 300.000 Einwohnern spielt eine wichtige Rolle beim Schutz der Hafenstadt Odessa im Südwesten des Landes.
Der Generalstab warnte zudem unter anderem vor einer andauernden Bedrohung durch Marschflugkörper auf russischen Schiffen im Schwarzen Meer. So sei die Fregatte "Admiral Makarow" auf dem Marinestützpunkt Sewastopol auf der annektierten Halbinsel Krim mit Raketen vom Typ "Kaliber" nachgerüstet worden.