Zuvor waren schon mehrere unabhängige Medien abgeschaltet oder blockiert worden.
Kiew/Moskau/Menlo Park. Die Medienaufsicht in Moskau hat das soziale Netzwerk Facebook in Russland blockiert. Es handle sich um eine Reaktion auf die Abschaltung mehrerer russischer Medien-Seiten bei Facebook, teilte die Behörde Roskomnadsor am Freitag in Moskau mit. Zuvor waren bereits mehrere unabhängige Medien abgeschaltet oder blockiert worden.
Vor einer Woche hatte Roskomnadsor die Verlangsamung Facebooks bekannt gegeben. Seit Oktober 2020 seien insgesamt "26 Fälle von Diskriminierung russischer Medien und Informationsangebote durch Facebook" registriert worden, hieß es. In den vergangenen Tagen habe Facebook unter anderem den Zugang zu den Seiten des russischen Militär-Fernsehsenders Swesda, der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti und des staatlichen TV-Senders RT eingeschränkt.
Früher am Freitag hatte Russlands Parlament für eine Gesetzesänderung gestimmt, die die Verbreitung angeblicher Falschinformationen in Medien über die russischen Streitkräfte mit drastischen Strafen belegen soll. Es drohen demnach hohe Geldstrafen und bis zu 15 Jahre Haft.
Moskau bezeichnet den Krieg als "Spezial-Operation"
Medien in Russland ist es seit vergangener Woche verboten, in der Berichterstattung über den Krieg gegen die Ukraine Begriffe wie "Angriff", "Invasion" und "Kriegserklärung" zu verwenden. Moskau bezeichnet den Krieg als militärische "Spezial-Operation".
Damit die Gesetzesänderung in Kraft tritt, ist nur noch die Unterschrift von Präsident Wladimir Putin notwendig. Das gilt aber als Formalie.
Unter Strafe stehen nach dem Gesetzestext konkret das Verbreiten vermeintlicher Falschinformationen über russische Soldaten, das Diskreditieren der Streitkräfte und auch Aufrufe zu Sanktionen gegen Russland.
Befürchtet wird, dass das die Berichterstattung verbliebener unabhängiger Medien in Russland gravierend einschränken wird. Die russischen Behörden hatten in den vergangenen Tagen schon mehrere kritische Sender blockiert. Der bekannte Radiosender Echo Moskwy gab seine Schließung bekannt. Der britische Sender BBC berichtet ebenfalls nicht mehr aus Russland.
"Nowaja Gaseta" löscht wegen neuem Gesetz Kriegsberichte
Nach der Verabschiedung eines neuen russischen Gesetzes, das hohe Haftstrafen bei "Falschmeldungen" über die Armee vorsieht, löscht die unabhängige Tageszeitung "Nowaja Gaseta" im Internet ihre Berichte über die Ukraine-Invasion. Die Redaktion erklärte am Freitag auf Telegram, sie wolle "unter den Bedingungen einer Militärzensur" weiterarbeiten. Es würden aber Informationen über den russischen Einmarsch in der Ukraine von der Website und anderen Online-Auftritten "entfernt".
Die russische Duma hatte am Freitag vor dem Hintergrund der Ukraine-Invasion ein Gesetz verabschiedet, das drakonische Haftstrafen gegen missliebige Berichterstattung über die russische Armee vorsieht. Bis zu 15 Jahre Haft drohen demnach für die Verbreitung von "Falschnachrichten" über die Armee. Betroffen von dem Gesetz sind auch Ausländer. Die britische Rundfunkanstalt BBC kündigte daraufhin an, die Arbeit ihrer Journalisten in Russland vorerst einzustellen.
Zahlreiche westliche Medien in Russland nicht mehr abrufbar
Das Onlineangebot der Deutschen Welle (DW) und weiterer westlicher Medien ist in Russland nicht mehr abrufbar. Wie der deutsche Auslandssender am Freitag unter Berufung auf seine Cybersecurity-Experten mitteilte, war "dw.com" seit der Nacht in allen Sendesprachen in Russland gesperrt. Wie die BBC berichtete, war auch der Zugang zu deren eigener Nachrichtenwebsite sowie zu mehreren anderen westlichen Medien, Facebook und dem Google Playstore ganz oder teilweise eingeschränkt.
Erst kürzlich hatte die BBC von einem starken Anstieg der Zugriffe auf die BBC-Webseite in Russland berichtet. Die britische Sendeanstalt gab ebenfalls Tipps via Twitter, wie die Blockade technisch zu umgehen sein könnte. Die russische Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor begründete den Schritt der Nachrichtenagentur Interfax zufolge mit einer angeblichen Verbreitung von Falschnachrichten über "die Spezial-Militäroperation" in der Ukraine. So wird in Russland der Krieg gegen das Nachbarland bezeichnet. Der Angriff läuft bereits seit mehr als einer Woche.
"Unprovozierte und illegale Invasion"
Nach einer Reihe anderer westlicher Konzerne stellt auch der US-Software-Riese Microsoft den Verkauf seiner Produkte und Dienstleistungen in Russland bis auf Weiteres ein. "Wie der Rest der Welt sind wir entsetzt, wütend und traurig über die Bilder und Nachrichten, die vom Krieg in der Ukraine kommen", erklärte Microsoft-Präsident Brad Smith. "Wir verurteilen diese ungerechtfertigte, unprovozierte und illegale Invasion durch Russland."
Im Gegenzug stellte das US-Programm des russischen Staatsmediums RT seinen Betrieb in den Vereinigten Staaten ein. Die stellvertretende Chefredakteurin des Nachrichtensenders, Anna Belkina, teilte mit: "Wir sind traurig und enttäuscht, dass unser bahnbrechender Sender RT America nach mehr als zehn Jahren den Betrieb einstellen musste."
In der Ukraine gab es nach Angaben des Computer Notfall-Zentrums (CERT) erneut Hackerangriffe auf offizielle Stellen. So gebe es einen "Massenversand" von Nachrichten mit Schadsoftware an nicht näher genannte Vertreter der Regierung und Bürger, so eine Erklärung auf Facebook.