Russische Offensive im Osten
Selenskyj: "Die Schlacht von Donbass hat begonnen"
18.04.2022Besonders Gebiete Charkiw und Donezk betroffen.
Kiew (Kyjiw)/Moskau/Luhansk (Lugansk). Russland hat nach Angaben des ukrainischen Generalstabs mit der erwarteten Offensive im Osten des Landes begonnen. "Es werden Anzeichen des Beginns der Offensive in der Östlichen Operationszone festgestellt", teilte der Generalstab am Montagabend in Kiew mit. Hervorgehoben wurden dabei die Gebiete Charkiw und Donezk. Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte via Video-Botschaft auf Telegram: "Die Schlacht von Donbass hat begonnen."
"Wir können jetzt sagen, dass die russischen Kräfte mit der Schlacht von Donbass begonnen haben, auf die sie sich lange vorbereitet haben", sagte Selenskyj. "Ein sehr großer Teil der ganzen russischen Armee wird nun für diese Offensive verwendet." Von Isjum im Gebiet Charkiw aus werden demnach Vorstöße in Richtung Barwinkowe und Slowjansk im Donezker Gebiet erwartet. "Die zweite Phase des Krieges hat begonnen", schrieb der ukrainische Stabschef Andriy Yermak auf Telegram.
Gouverneur des Gebiets Luhansk: "Es ist die Hölle"
Auch der Gouverneur des Gebiets Luhansk, Serhij Hajdaj, sprach von russischen Angriffen. "Es ist die Hölle. Die Offensive, von der wir seit Wochen sprechen, hat begonnen", erklärte er am Montagabend im Online-Dienst Facebook. Es gebe Kämpfe in Rubischne und Popasna und "unaufhörlich Kämpfe in anderen friedlichen Städten", fügte der Gouverneur hinzu.
"Gerade ist die Kontrolle über die Stadt Kreminna verloren gegangen. Es finden Straßenkämpfe statt", erklärte Hajdaj. Es sei keine Evakuierung der Kleinstadt mehr möglich. "Jede Stunde verschlechtert sich die Situation." In Kreminna sollen von 18.000 Einwohnern vor dem Krieg noch etwa 4.000 ausharren. Schwere Kämpfe gebe es auch um die Städte Rubischne und Popasna.
Russische Vorstöße
Der ukrainische Präsidentenberater Olexij Arestowytsch hatte zuvor schon über russische Vorstöße in Richtung Huljajpole im Gebiet Saporischschja im Südosten informiert. Rund 10.000 russische Soldaten sollen dabei im Einsatz sein. Der russische Angriffskrieg auf das Nachbarland dauert nun schon seit mehr als sieben Wochen an.
Im Laufe des Abends bestätigte der Kreml einen Raketenangriff auf die westukrainische Stadt Lwiw. Dabei sei ein Zentrum für die Versorgung der ukrainischen Streitkräfte getroffen worden, teilte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, mit. Zerstört worden sei ein Logistikzentrum mit großen Teilen ausländischer Waffen, die aus den USA und europäischen Ländern geliefert worden seien.
Mehrere Raketeneinschläge
In der Früh hatte die Stadtverwaltung bereits von mehreren Raketeneinschlägen berichtet. Dabei seien sechs Menschen getötet und weitere Einwohner verletzt worden. Es waren die ersten Todesopfer in der 720.000-Einwohner-Stadt, die nur etwa 70 Kilometer entfernt von der Grenze nach Polen liegt.
Nach Darstellung Konaschenkows wurden durch Raketenangriffe in der Ukraine am Montag Dutzende Militärobjekte zerstört. In Dnipro sei ein Werk für die Reparatur ukrainischer "Totscha-U"-Raketen getroffen worden. Auch Munitions- und Treibstofflager seien vernichtet worden. In der Ortschaft Nowotoschkiwske im Osten der Ukraine in der Nähe von Luhansk seien 120 "Nationalisten" getötet worden. Von unabhängiger Seite ließen sich die Angaben zunächst nicht überprüfen.
40.000 Zivilisten nach Russland zwangsumgesiedelt
Der Bürgermeister der belagerten ukrainischen Hafenstadt Mariupol erklärte unterdessen, dass etwa 40.000 Zivilisten nach Russland oder in russisch kontrollierte Regionen der Ukraine zwangsumgesiedelt worden seien. Dies habe man anhand des kommunalen Registers festgestellt, sagte Wadym Boitschenko. Noch seien mehr als 100.000 Zivilisten in Mariupol.
Nach Angaben aus Kiew wurden durch russische Attacken bis dato bis zu 30 Prozent der ukrainischen Infrastruktur beschädigt oder zerstört. Die Schäden beliefen sich auf eine Summe von etwa 100 Milliarden Dollar, berichtete Infrastruktur-Minister Oleksander Kubrakow. Mehr als 300 Brücken an Nationalstraßen seien zerstört oder beschädigt, mehr als 8.000 Kilometer Straße müssten repariert oder erneuert werden. Zudem seien Dutzende Brücken des Bahnverkehrs gesprengt worden. Er erwarte, dass westliche Länder die Ukraine beim Wiederaufbau unterstützen, so Kubrakow.